Seite - 38 - in Venus im Pelz
Bild der Seite - 38 -
Text der Seite - 38 -
gefesselt hat; es reizt mich nun freilich, den ernsten Mann mir ganz
hingegeben, ja geradezu verzückt zu meinen Füßen zu sehen – ob aber dieser
Reiz auch anhalten wird? Das Weib liebt den Mann, den Sklaven mißhandelt
es und stößt ihn zuletzt noch mit dem Fuße weg.«
»Nun, so stoße mich mit dem Fuße fort, wenn du mich satt hast«,
entgegnete ich, »ich will dein Sklave sein.«
»Ich sehe, daß gefährliche Anlagen in mir schlummern«, sagte Wanda,
nachdem wir wieder einige Schritte gegangen waren, »du weckst sie und
nicht zu deinem Besten, du verstehst es, die Genußsucht, die Grausamkeit,
den Übermut so verlockend zu schildern was wirst du sagen, wenn ich mich
darin versuche und wenn ich es zuerst an dir versuche, wie Dionys, welcher
den Erfinder des eisernen Ochsen zuerst in demselben braten ließ, um sich zu
überzeugen, ob sein Jammern, sein Todesröcheln auch wirklich wie das
Brüllen eines Ochsen klinge.
Vielleicht bin ich so ein weiblicher Dionys?«
»Sei es«, rief ich, »dann ist meine Phantasie erfüllt. Ich gehöre dir im
Guten oder Bösen, wähle du selbst. Mich treibt das Schicksal, das in meiner
Brust ruht – dämonisch – übermächtig.«
»Mein Geliebter!
Ich will dich heute und morgen nicht sehen und übermorgen erst am
Abend, und dann als meinen Sklaven.
Deine Herrin
Wanda.«
»Als meinen Sklaven« war unterstrichen. Ich las das Billett, das ich früh
am Morgen erhielt, noch einmal, ließ mir dann einen Esel, ein echtes
Gelehrtentier, satteln und ritt in das Gebirge, um meine Leidenschaft, meine
Sehnsucht in der großartigen Karpatennatur zu betäuben.
Da bin ich wieder, müde, hungrig, durstig und vor allem verliebt. Ich kleide
mich rasch um und klopfe wenige Augenblicke darnach an ihre Türe.
»Herein!«
38
zurück zum
Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik