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Ich trete ein. Sie steht mitten im Zimmer, in einer weißen Atlasrobe,
welche wie Licht an ihr herunterfließt, und einer Kazabaika von
scharlachrotem Atlas mit reichem, üppigem Hermelinbesatz, in dem
gepuderten, schneeigen Haar ein kleines Diamantendiadem, die Arme auf der
Brust gekreuzt, die Brauen zusammengezogen.
»Wanda!« Ich eile auf sie zu, will den Arm um sie schlingen, sie küssen;
sie tritt einen Schritt zurück und mißt mich von oben bis unten.
»Sklave!«
»Herrin!« Ich knie nieder und küsse den Saum ihres Gewandes.
»So ist es recht.«
»Oh! wie schön du bist.«
»Gefall’ ich dir?« Sie trat vor den Spiegel und betrachtete sich mit stolzem
Wohlgefallen.
»Ich werde noch wahnsinnig!«
Sie zuckte verächtlich mit der Unterlippe und sah mich mit
halbgeschlossenen Lidern spöttisch an.
»Gib mir die Peitsche.«
Ich blickte im Zimmer umher.
»Nein«, rief sie, »bleib nur knien!« Sie schritt zum Kamine, nahm die
Peitsche vom Sims und ließ sie, mich mit einem Lächeln betrachtend, durch
die Luft pfeifen, dann schürzte sie den Ärmel ihrer Pelzjacke langsam auf.
»Wunderbares Weib!« rief ich.
»Schweig, Sklave!« sie blickte plötzlich finster, ja wild und hieb mich mit
der Peitsche; im nächsten Augenblicke schlang sie jedoch den Arm zärtlich
um meinen Nacken und bückte sich mitleidig zu mir. »Habe ich dir weh
getan?« fragte sie halb verschämt, halb ängstlich.
»Nein!« entgegnete ich, »und wenn es wäre, mir sind Schmerzen, die du
mir bereitest, ein Genuß. Peitsche mich nur, wenn es dir ein Vergnügen
macht.«
»Aber es macht mir kein Vergnügen.«
Wieder ergriff mich jene seltsame Trunkenheit.
»Peitsche mich«, bat ich, »peitsche mich ohne Erbarmen.«
Wanda schwang die Peitsche und traf mich zweimal. »Hast du jetzt
genug?«
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Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik