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»Mensch!«
Mir stieg das Blut zum Herzen. Ich warf mich zu ihren Füßen und begann
zu weinen.
»Noch Tränen!« sie begann zu lachen. Oh! Dieses Lachen war furchtbar.
»Gehen Sie – ich will Sie nicht mehr sehen.«
»Mein Gott!« rief ich außer mir. »Ich will ja alles tun, was du befiehlst,
dein Sklave sein, deine Sache, mit der du nach Willkür schaltest – nur stoße
mich nicht von dir – ich gehe zugrunde – ich kann nicht leben ohne dich«, ich
umfaßte ihre Knie und bedeckte ihre Hand mit Küssen.
»Ja, du mußt Sklave sein, die Peitsche fühlen – denn ein Mann bist du
nicht«, sprach sie ruhig, und das war es, was mir so an das Herz griff, daß sie
nicht im Zorne, ja nicht einmal erregt, sondern mit voller Überlegung zu mir
sprach. »Ich kenne dich jetzt, deine Hundenatur, die anbetet, wo sie mit Füßen
getreten wird und um so mehr, je mehr sie mißhandelt wird. Ich kenne dich
jetzt, du aber sollst mich erst kennen lernen.«
Sie ging mit großen Schritten auf und ab, während ich vernichtet auf
meinen Knien liegen blieb, das Haupt war mir herabgesunken. die Tränen
rannen mir herab.
»Komm zu mir«, herrschte mir Wanda zu, sich auf der Ottomane
niederlassend. Ich folgte ihrem Wink und setzte mich zu ihr. Sie sah mich
finster an, dann wurde ihr Auge plötzlich, gleichsam von innen heraus erhellt,
sie zog mich lächelnd an ihre Brust und begann mir die Tränen aus den Augen
zu küssen.
Das eben ist das Humoristische meiner Lage, daß ich, wie der Bär in Lilis
Park, fliehen kann und nicht will, daß ich alles dulde, sobald sie droht, mir die
Freiheit zu geben.
Wenn sie nur einmal wieder die Peitsche in die Hand nehmen würde! Diese
Liebenswürdigkeit, mit der sie mich behandelt, hat etwas Unheimliches für
mich. Ich komme mir wie eine kleine, gefangene Maus vor, mit der eine
schöne Katze zierlich spielt, jeden Augenblick bereit, sie zu zerreißen, und
mein Mausherz droht mir zu zerspringen.
Was hat sie vor? Was wird sie mit mir anfangen?
Sie scheint den Vertrag, scheint meine Sklaverei vollkommen vergessen zu
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Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik