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auf, mich zu quälen –« flehte ich.
»Du nimmst also nicht an, daß dieser Zwang auch für mich eine Qual ist«,
warf Wanda ein.
»So ende sie«, rief ich, sie umschlingend, »werde mein Weib.«
»Nie, Severin«, sprach sie sanft, aber mit großer Festigkeit.
»Was ist das?«
Ich war bis an das Innerste meiner Seele erschrocken.
»Du bist kein Mann für mich.«
Ich sah sie an, zog meinen Arm, welcher noch immer um ihre Taille lag,
langsam zurück und verließ das Gemach, und sie – sie rief mich nicht zurück.
Eine schlaflose Nacht, ich habe soundso viel Entschlüsse gefaßt und wieder
verworfen. Am Morgen schrieb ich einen Brief, worin ich unser Verhältnis für
gelöst erklärte. Mir zitterte die Hand dabei, und wie ich ihn siegelte,
verbrannte ich mir die Finger.
Als ich die Treppe emporstieg, um ihn dem Stubenmädchen zu übergeben,
drohten mir die Knie zu brechen.
Da öffnete sich die Türe und Wanda steckte den Kopf voll Papilloten
heraus.
»Ich bin noch nicht frisiert«, sprach sie lächelnd. »Was haben Sie da?«
»Einen Brief –«
»An mich?« Ich nickte.
»Ah! Sie wollen mit mir brechen«, rief sie spöttisch.
»Haben Sie nicht gestern erklärt, daß ich kein Mann für Sie bin?«
»Ich wiederhole es Ihnen«, sprach sie.
»Also«, ich zitterte am ganzen Leibe, die Stimme versagte mir, ich reichte
ihr den Brief.
»Behalten Sie ihn«, sagte sie, mich kalt betrachtend, »Sie vergessen, daß ja
gar nicht mehr davon die Rede ist, ob sie mir als Mann genügen oder nicht,
und zum Sklaven sind Sie jedenfalls gut genug.«
»Gnädige Frau!« rief ich empört.
»Ja, so haben Sie mich in Zukunft zu nennen«, erwiderte Wanda, den Kopf
mit unsäglicher Geringschätzung emporwerfend, »ordnen Sie Ihre
Angelegenheiten binnen vierundzwanzig Stunden, ich reise übermorgen nach
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Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik