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»Vertrag zwischen Frau Wanda von Dunajew und Herrn Severin von
Kusiemski
Herr Severin von Kusiemski hört mit dem heutigen Tage auf, der
Bräutigam der Frau Wanda von Dunajew zu sein und verzichtet auf alle seine
Rechte als Geliebter; er verpflichtet sich dagegen mit seinem Ehrenworte als
Mann und Edelmann, fortan der Sklave derselben zu sein und zwar solange
sie ihm nicht selbst die Freiheit zurückgibt.
Er hat als der Sklave der Frau von Dunajew den Namen Gregor zu führen,
unbedingt jeden ihrer Wünsche zu erfüllen, jedem ihrer Befehle zu
gehorchen, seiner Herrin mit Unterwürfigkeit zu begegnen, jedes Zeichen
ihrer Gunst als eine außerordentliche Gnade anzusehen.
Frau von Dunajew darf ihren Sklaven nicht allein bei dem geringsten
Versehen oder Vergehen nach Gutdünken strafen, sondern sie hat auch das
Recht, ihn nach Laune oder nur zu ihrem Zeitvertreib zu mißhandeln, wie es
ihr eben gefällt, ja sogar zu töten, wenn es ihr beliebt, kurz, er ist ihr
unbeschränktes Eigentum.
Sollte Frau von Dunajew ihrem Sklaven je die Freiheit schenken, so hat
Herr Severin von Kusiemski alles, was er als Sklave erfahren oder erduldet,
zu vergessen und nie und niemals, unter keinen Umständen und in keiner
Weise an Rache oder Wiedervergeltung zu denken.
Frau von Dunajew verspricht dagegen, als seine Herrin so oft als möglich
im Pelz zu erscheinen, besonders wenn sie gegen ihren Sklaven grausam sein
wird.«
Unter dem Vertrage stand das Datum des heutigen Tages. Das zweite
Dokument enthielt nur wenige Worte.
»Seit Jahren des Daseins und seiner Täuschungen überdrüssig, habe ich
meinem wertlosen Leben freiwillig ein Ende gemacht.«
Mich faßte ein tiefes Grauen, als ich zu Ende war, noch war es Zeit, noch
konnte ich zurück, aber der Wahnsinn der Leidenschaft, der Anblick des
schönen Weibes, das aufgelöst an meiner Schulter lehnte, rissen mich fort.
»Dieses hier mußt du zuerst abschreiben, Severin«, sprach Wanda, auf das
zweite Dokument deutend, »es muß vollkommen in deinen Schriftzügen
abgefaßt sein, bei dem Vertrage ist das natürlich nicht nötig.«
Ich kopierte rasch die wenigen Zeilen, in denen ich mich als Selbstmörder
bezeichnete, und gab sie Wanda. Sie las und legte sie dann lächelnd auf den
Tisch.
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Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik