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»Nun, hast du den Mut, das zu unterzeichnen?« fragte sie, den Kopf
neigend, mit einem feinen Lächeln.
Ich nahm die Feder.
»Laß mich zuerst«, sprach Wanda, »dir zittert die Hand, fürchtest du dich
so sehr vor deinem Glück?«
Sie nahm den Vertrag und die Feder – ich blickte im Kampfe mit mir selbst
einen Augenblick empor und jetzt erst fiel mir, wie auf vielen Gemälden
italienischer und holländischer Schule, der durchaus unhistorische Charakter
des Deckengemäldes auf, der demselben ein seltsames, für mich geradezu
unheimliches Gepräge gab. Delila, eine üppige Dame mit flammendem roten
Haare, liegt halb entkleidet in einem dunklen Pelzmantel auf einer roten
Ottomane und beugt sich lächelnd zu Simson herab, den die Philister
niedergeworfen und gebunden haben. Ihr Lächeln ist in seiner spöttischen
Koketterie von wahrhaft infernalischer Grausamkeit, ihr Auge, halb
geschlossen, begegnet jenem Simsons, das noch im letzten Blicke mit
wahnsinniger Liebe an dem ihren hängt, denn schon kniet einer der Feinde
auf seiner Brust, bereit, ihm das glühende Eisen hineinzustoßen.
»So –« rief Wanda, »du bist ja ganz verloren, was hast du nur, es bleibt ja
doch alles beim alten, auch wenn du unterschrieben hast, kennst du mich denn
noch immer nicht, Herzchen?«
Ich blickte in den Vertrag. Da stand in großen kühnen Zügen ihr Name.
Noch einmal schaute ich in ihr zauberkräftiges Auge, dann nahm ich die
Feder und unterschrieb rasch den Vertrag.
»Du hast gezittert«, sprach Wanda ruhig, »soll ich dir die Feder führen?«
Sie faßte in demselben Augenblick sanft meine Hand, und da stand mein
Name auch auf dem zweiten Papier. Wanda sah beide Dokumente noch
einmal an und schloß sie dann in den Tisch, welcher zu Häupten der
Ottomane stand.
»So – nun gib mir noch deinen Paß und dein Geld.«
Ich ziehe meine Brieftasche hervor und reiche sie ihr, sie blickt hinein,
nickt und legt sie zu dem Übrigen, während ich vor ihr knie und mein Haupt
in süßer Trunkenheit an ihrer Brust ruhen lasse.
Da stößt sie mich plötzlich mit dem Fuße von sich, springt auf und zieht die
Glocke, auf deren Ton drei junge, schlanke Negerinnen, wie aus Ebenholz
geschnitzt und ganz in roten Atlas gekleidet, hereintreten, jede einen Strick in
der Hand.
Jetzt begreife ich auf einmal meine Lage und will mich erheben, aber
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Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik