Seite - 72 - in Venus im Pelz
Bild der Seite - 72 -
Text der Seite - 72 -
Wanda, welche, hoch aufgerichtet, ihr kaltes, schönes Antlitz mit den
finsteren Brauen, den höhnischen Augen mir zugewendet, als Herrin
gebietend vor mir steht, winkt mit der Hand, und ehe ich noch recht weiß, was
mit mir geschieht, haben mich die Negerinnen zu Boden gerissen, mir Beine
und Hände fest zusammengeschnürt und die Arme wie einem, der
hingerichtet werden soll, auf den Rücken gebunden, so daß ich mich kaum
bewegen kann.
»Gib mir die Peitsche, Haydée«, befiehlt Wanda mit unheimlicher Ruhe.
Die Negerin reicht sie kniend der Gebieterin.
»Und nimm mir den schweren Pelz ab«, fährt diese fort, »er hindert mich.«
Die Negerin gehorchte.
»Die Jacke dort!« befahl Wanda weiter.
Haydée brachte rasch die hermelinbesetzte Kazabaika, welche auf dem
Bette lag, und Wanda schlüpfte mit zwei unnachahmlich reizenden
Bewegungen hinein.
»Bindet ihn an die Säule hier.«
Die Negerinnen heben mich auf, schlingen ein dickes Seil um meinen Leib
und binden mich stehend an eine der massiven Säulen, welche den Himmel
des breiten italienischen Bettes tragen.
Dann sind sie auf einmal verschwunden, wie wenn die Erde sie
verschlungen hätte.
Wanda tritt rasch auf mich zu, das weiße Atlasgewand fließt ihr in langer
Schleppe wie Silber, wie Mondlicht nach, ihre Haare lodern gleich Flammen
auf dem weißen Pelz der Jacke; jetzt steht sie vor mir, die linke Hand in die
Seite gestemmt, in der Rechten die Peitsche, und stößt ein kurzes Lachen aus.
»Jetzt hat das Spiel zwischen uns aufgehört«, spricht sie mit herzloser
Kälte, »jetzt ist es Ernst, du Tor! den ich verlache und verachte, der
sich mir, dem übermütigen, launischen Weibe, in wahnsinniger Verblendung
als Spielzeug hingegeben. Du bist nicht mehr mein Geliebter, sondern mein
Sklave, auf Tod und Leben meiner Willkür preisgegeben.
Du sollst mich kennen lernen!
Vor allem wirst du mir jetzt einmal im Ernste die Peitsche kosten, ohne daß
du etwas verschuldet hast, damit du begreifst, was dich erwartet, wenn du
dich ungeschickt, ungehorsam oder widerspenstig zeigst.«
Sie schürzte hierauf mit wilder Grazie den pelzbesetzten Ärmel auf und
hieb mich über den Rücken.
72
zurück zum
Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik