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hat sie das Gemach verlassen, so springt Wanda vor Zorn flammend auf.
»Was, du wagst es, vor mir ein anderes Weib so anzusehen! Sie gefällt dir
am Ende besser wie ich, sie ist noch dämonischer.«
Ich erschrecke, so habe ich sie noch nie gesehen, sie ist plötzlich bleich bis
in die Lippen und zittert am ganzen Leibe – Venus im Pelz ist eifersüchtig auf
ihren Sklaven – sie reißt die Peitsche vom Nagel herab und haut mich ins
Gesicht, dann ruft sie die schwarzen Dienerinnen, läßt mich durch sie binden
und in den Keller herabschleppen, wo sie mich in ein dunkles, feuchtes,
unterirdisches Gewölbe, einen förmlichen Kerker werfen.
Dann fällt die Türe in das Schloß, Riegel werden vorgeschoben, ein
Schlüssel singt im Schloß. Ich bin gefangen, begraben.
Da liege ich nun, ich weiß nicht wie lange, gebunden wie ein Kalb, das zur
Schlachtbank geschleppt wird, auf einem Bund feuchten Strohs, ohne Licht,
ohne Speise, ohne Trank, ohne Schlaf – sie ist imstande und läßt mich
verhungern, wenn ich nicht früher erfriere. Die Kälte schüttelt mich. Oder ist
es das Fieber. Ich glaube, ich fange an, dieses Weib zu hassen.
Ein roter Streifen, wie Blut, schwimmt über dem Boden, es ist Licht, das
durch die Tür fällt, jetzt wird sie geöffnet.
Wanda erscheint an der Schwelle, in ihren Zobelpelz gehüllt, und leuchtet
mit einer Fackel hinein.
»Lebst du noch?« fragt sie.
»Kommst du, mich zu töten?« antworte ich mit matter, heiserer Stimme.
Mit zwei hastigen Schritten ist Wanda bei mir, kniet an meinem Lager
nieder und nimmt meinen Kopf in ihren Schoß. – »Bist du krank – wie deine
Augen glühen, liebst du mich? Ich will, daß du mich liebst.«
Sie zieht einen kurzen Dolch hervor, ich schrecke zusammen, wie seine
Klinge mir vor den Augen blitzt, ich glaube wirklich, daß sie mich töten will.
Sie aber lacht und durchschneidet die Stricke, die mich fesseln.
Sie lässt mich jetzt jeden Abend nach dem Diner kommen, läßt sich von
mir vorlesen und bespricht mit mir allerhand anziehende Fragen und
Gegenstände. Dabei scheint sie ganz verwandelt, es ist, als schäme sie sich
der Wildheit, die sie mir verraten, der Roheit, mit welcher sie mich behandelt
hat. Eine rührende Sanftmut verklärt ihr ganzes Wesen, und wenn sie mir zum
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Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik