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in das weite Marmorbassin hinabführten, welches die Mitte einnahm.
»Oben auf meinem Nachttisch liegt ein grünes Band«, sagte Wanda,
während ich sie auf dem Ruhebett niederließ, »bringe es mir und bringe mir
auch die Peitsche.«
Ich flog die Treppe hinauf und zurück und legte beides kniend in die Hand
der Gebieterin, welche sich hierauf das schwere elektrische Haar von mir in
einen großen Knoten binden und mit dem grünen Sammetband befestigen
ließ. Dann bereitete ich das Bad und zeigte mich recht ungeschickt dabei, da
mir Hände und Füße den Dienst versagten, und jedesmal, wenn ich das
schöne Weib, das auf den rotsammetnen Polstern lag und dessen holder Leib
von Zeit zu Zeit, da und dort, aus dem dunklen Pelzwerk hervorleuchtete,
betrachten mußte – denn es war nicht mein Wille, es zwang mich eine
magnetische Gewalt – empfand ich, wie alle Wollust, alle Lüsternheit nur in
dem Halbverhüllten, pikant Entblößten liegt, und ich empfand es noch
lebhafter, als endlich das Bassin gefüllt war und Wanda mit einer einzigen
Bewegung den Pelzmantel abwarf, und wie die Göttin in der Tribuna vor mir
stand.
In diesem Augenblick erschien sie mir in ihrer unverhüllten Schönheit so
heilig, so keusch, daß ich vor ihr, wie damals vor der Göttin, in die Knie sank
und meine Lippen andächtig auf ihren Fuß preßte.
Meine Seele, welche vor kurzem noch so wilde Wogen geschlagen, floß auf
einmal ruhig, und Wanda hatte jetzt auch nichts Grausames mehr für mich.
Sie stieg langsam die Stufen hinab, und ich konnte mit einer stillen Freude,
der kein Atom von Qual oder Sehnsucht beigemischt war, sie betrachten, wie
sie in der kristallenen Flut auf- und abtauchte, und wie die Wellen, welche sie
selbst erregte, gleichsam verliebt um sie spielten.
Unser nihilistischer Ästhetiker hat doch recht: ein wirklicher Apfel ist
schöner als ein gemalter, und ein lebendiges Weib ist schöner als eine Venus
aus Stein.
Und als sie dann aus dem Bade stieg, und die silbernen Tropfen und das
rosige Licht rieselten nur so an ihr herab – eine stumme Verzückung umfing
mich. Ich schlug die Linnen um sie, ihren herrlichen Leib trocknend, und jene
ruhige Seligkeit blieb mir jetzt auch, als sie wieder, den einen Fuß auf mich,
wie auf einen Schemel setzend, in dem großen Sammetmantel auf den
Polstern ruhte, die elastischen Zobelfelle sich begehrlich an ihren kalten
Marmorleib schmiegten, und der linke Arm, auf den sie sich stützte, wie
ein schlafender Schwan, in dem dunklen Pelz des Ärmels lag, während ihre
Rechte nachlässig mit der Peitsche spielte.
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Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik