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leidenschaftlich geliebt hat, sende ich Ihnen das Bild des armen Deutschen.
Venus im Pelz.«
Ich musste lächeln, und wie ich in Gedanken versank, stand plötzlich das
schöne Weib in der hermelinbesetzten Samtjacke, die Peitsche in der Hand,
vor mir und ich lächelte weiter über das Weib, das ich so wahnsinnig geliebt,
die Pelzjacke, die mich einst so sehr entzückt, über die Peitsche, und lächelte
endlich über meine Schmerzen und sagte mir: die Kur war grausam, aber
radikal, und die Hauptsache ist: ich bin gesund geworden.
»Nun, und die Moral von der Geschichte?« sagte ich zu Severin, indem ich
das Manuskript auf den Tisch legte.
»Daß ich ein Esel war«, rief er, ohne sich zu mir zu wenden, er schien sich
zu genieren. »Hätte ich sie nur gepeitscht!«
»Ein kurioses Mittel«, erwiderte ich, »das mag bei deinen Bäuerinnen –«
»Oh! die sind daran gewöhnt«, antwortete er lebhaft, »aber denke dir die
Wirkung bei unsern feinen, nervösen, hysterischen Damen –«
»Aber die Moral?«
»Daß das Weib, wie es die Natur geschaffen und wie es der Mann
gegenwärtig heranzieht, sein Feind ist und nur seine Sklavin oder seine
Despotin sein kann, nie aber seine Gefährtin. Dies wird sie erst dann sein
können, wenn sie ihm gleich steht an Rechten, wenn sie ihm ebenbürtig ist
durch Bildung und Arbeit.
Jetzt haben wir nur die Wahl, Hammer oder Amboß zu sein, und ich war
der Esel, aus mir den Sklaven eines Weibes zu machen, verstehst du?
Daher die Moral der Geschichte: Wer sich peitschen läßt, verdient,
gepeitscht zu werden.
Mir sind die Hiebe, wie du siehst, sehr gut bekommen, der rosige,
übersinnliche Nebel ist zerronnen und mir wird niemand mehr die heiligen
Affen von Benares oder den Hahn des Plato für ein Ebenbild Gottes
ausgeben.«
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Buch Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Titel
- Venus im Pelz
- Autor
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 114
- Schlagwörter
- Novelle, Liebe
- Kategorien
- Weiteres Belletristik