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Kaufkraft.47 Dennoch belief sich in den Jahren 1924 bis 1937 die Konsumquote real
auf80,6Prozent. Somit lag inderZwischenkriegszeit imVergleichzumJahr 1913ein
etwashöhererLebensstandardvor,obwohldasreale Inlandsprodukt imDurchschnitt
niedriger lagals imletztenVorkriegsjahr.48
Insgesamtwar die Periode 1918bis 1938 aus konsumhistorischer Perspektive von
Widersprüchlichkeiten geprägt: Einerseits hatte die Mehrheit der Österreicherinnen
und Österreicher mit Mangel, oft sogar Armut, zu kämpfen. Andererseits wurde per
MassenmedieneinemprononciertenKonsumhedonismusgefröntundeinerVielfalt an
KonsumversprechenRaumgegeben.49Die Produktkommunikation erlebte inder Zwi-
schenkriegszeit einenquantitativenundqualitativenAufschwung.50DieReklamewar
allgegenwärtig und sprach breite Teile der Bevölkerung an. Produkte, die bislang fi-
nanzkräftigen Schichten vorbehalten waren (z.B. kosmetische Erzeugnisse), wurden
nunpotenziellenKäuferndesKleinbürgertumsundderArbeiterschaft angeboten.Die
Produktkommunikation öffnete sich „nach unten“, eine „Demokratisierung der Pro-
duktwahrnehmung“, wie Rainer Gries in seinenStudien konstatierte, setzte ein.51 Die
Dauerkrise ließ werbetreibende Unternehmen umdenken, neue Strategien entwerfen
undöffnetedenBlick fürneueMethodenderVermarktung.52EineProfessionalisierung
derWirtschaftswerbungwardieFolge.
47Weber, Fritz:Hauptproblemederwirtschaftlichenund sozialenEntwicklungÖsterreichs inder
Zwischenkriegszeit, in: Kadrnoska, Franz (Hg.): Aufbruch und Untergang. Österreichische Kultur
zwischen 1918 und 1938,Wien/München/Zürich 1981, S. 593. Sandgruber, Ökonomie und Politik,
S. 369–370,383–384.
48 Sandgruber,ÖkonomieundPolitik,S.365.
49 Eder, FranzX.: „Man lebte damals vonderHand in denMund“. Zur KonsumgeschichteWiens
von 1920 bis 1945, in: Domenig, Roland/Linhart, Sepp (Hg.):Wien und Tokyo, 1930–1945. Alltag,
KulturundKonsum,Wien2007,S. 14.
50 MitBeginnder1920er-JahrewerdenmoderneWerbeformenund-strategiensowiederenpsycho-
logischeWirkungsweisen zunehmend inFachkreisendiskutiert und fachspezifischeAusbildungen
forciert. Gries, Rainer: DieMedialisierungder Produktkommunikation. Grundzüge eines kulturhis-
torischen Entwurfs, in: Knoch,Habbo/Morat, Daniel (Hg.): Kommunikation als Beobachtung,Me-
dienwandelundGesellschaftsbilder 1880–1960,München2003,S. 117–119.
51 Vgl.Gries,Produkte&Politik,S.64–67.
52 Vgl. dazu:Berghoff,Hartmut:Marketing im20. Jahrhundert. Absatzinstrument–Management-
philosophie–universelle Sozialtechnik, in: Berghoff,Hartmut (Hg.):Marketinggeschichte.DieGe-
nese einer modernen Sozialtechnik, Frankfurt/New York 2007, S. 37. Gries, Medialisierung der
Produktkommunikation,S. 117.
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Titel
- Der österreichische Werbefilm
- Untertitel
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Autor
- Karin Moser
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Culture of memory, media history, advertising
- Kategorie
- Kunst und Kultur