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Stahl-, derMaschinen- und Elektro- sowie der chemischen Industrie. Die Automo-
bilbetriebewurdendenmilitärischenBelangen entsprechend ausgebaut, der Flug-
zeugbau erstmals erfolgreich in Angriff genommen. Das Hauptaugenmerk lag auf
der Herstellung von Kriegsmaterialien. 1917 registrierteman eineMillion Beschäf-
tigte indenRüstungsunternehmen.287
Der Fehlschluss, wonach der Krieg nach nur wenigenMonaten endenwürde,
führte zu einem unüberlegten, nicht organisierten und verschwenderischen
Verbrauch von Rohstoffen, Geldern und Lebensmittelvorräten. Gleichfalls proble-
matisch gestaltet sich die Regelung des Eisenbahnverkehrs. Um den Truppenauf-
marsch voranzutreiben,wurden alle Transportwege auf dieses Ziel hin umgelenkt,
ohne die ökonomischen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Die Auswirkungen
dieserFehlplanungwarenverheerend:DieEnergieversorgungdrohtezusammenzu-
brechen,dieBeförderungderGetreideerntezögerte sichhinaus,ein„Kriegsschock“
wirktebis insFrühjahr 1915nach.288Es folgteeinePhasederProsperität, allerdings
zeichnete sichbereits 1916 vorerst langsam, 1917 aber umsomehrder zunehmende
VerfallderProduktionab.
Die prekäre Rohstofflagemachte sich bereits kurz nach Kriegsbeginn bemerk-
bar. Umdementgegenzuwirken,wurdenZentralen eingerichtet, derenAufgabe die
BeschaffungundVerteilungvonWerk-undBrennstoffenwar.DieMangelwirtschaft
erweiterte die Beibringung von Materialien: Eheringe, Kirchenglocken, Leuchter,
Kupferdrähte, -dächerund -badeöfen,TürklinkenausMessingoderauchHaus-und
Küchengerätewurdeneingeholt,umdieWeiterführungdesKriegszusichern.289
Die filmischePropagandapräsentierteeingänzlichanderes,derRealität fernlie-
gendes Bild. Die Beweggründe dafür waren plausibel: Manwollte sich im In- und
Ausland bestmöglich, ökonomisch stark und wehrfähig darstellen, im Speziellen
„die wirtschaftlichen Leistungen der Monarchie [. ..] ins rechte Licht setzen“ und
„imponierende Zahlen nennen“, ohne „militärische Geheimnisse preiszugeben“.290
Auch wurde die Zeit nach dem Krieg vermehrt in den Fokus genommen. Auf die
neuenHerausforderungen hieß es vorbereitet zu sein. Die „Standardisierung“ und
somit „Typisierung zur seriellenErzeugungvon Industriewaren“, die „Organisation
derArbeitsverfahrenunterZerlegung in ihreeinfachstenVorgängeundeineSpezia-
lisierung im Taylorschen Sinne“, die „Vereinheitlichung und Vereinfachung der
geistigenundmateriellenLeistung“291wurdenebensodiskutiertwie die in Zukunft
287 Eigner/Helige:Wirtschafts-undSozialgeschichte,S. 126.
288 Sandgruber,ÖkonomieundPolitik,S.319.
289 Sandgruber,ÖkonomieundPolitik,S. 326.Hanisch,Schatten,S. 200f.
290 KA,AOK, KPQ, Ktn. 58, Filmstelle 1917, „Anträge zurDurchführungdesmilitärischenPropa-
gandadienstes imSinnederKommissionsverhandlung“,Nr. 1988b, 1917.
291 KA, KM, Intern-Akten, Ktn. 73, „Österreichisch-ungarische Kriegskorrespondenz - Kriegswirt-
schaftlicheBeilage.Die ‚Standardisation’derProduktion“, 1918.
5.3 „ZurDemonstrationökonomischerStärke“ 65
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Titel
- Der österreichische Werbefilm
- Untertitel
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Autor
- Karin Moser
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Culture of memory, media history, advertising
- Kategorie
- Kunst und Kultur