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Veränderungen,diederAusgangdesErstenWeltkriegesmitsichgebrachthatte,
und die auch vor den Mauern der altehrwürdigen Alma Mater nicht halt
machten.
Zwanzig JahrespäterhattesichdieFakultät abermalsgewandelt: ImGefolge
des»Anschlusses«ÖsterreichsanNS-Deutschlandwurdenzehnvoninsgesamt
19 Professoren aus rassistischen oder politischenGründen von ihrenÄmtern
entfernt;mehr als 30Dozenten verloren aus denselbenGründen ihre Lehrbe-
fugnis – an keiner anderen Fakultät der UniversitätWienwaren die Auswir-
kungen der NS-Machtergreifung so stark zu spürenwie hier.5 Jüdischen Stu-
dierendenwurdederHochschulzugangzunächstdurcheinennumerusclausus
von2%erschwertundschließlichganzunmöglichgemacht; zahlreichen jüdi-
schenAbsolvent/inn/enwurdederDoktorgradaberkannt.6Einbraindrain,der
schon lange vor 1938 begonnen hatte, nun aber sein Ausmaß vervielfachte,
führte dazu, dass die Fakultät viele ihrer bedeutendstenWissenschafter/innen
verlor und die Qualität sowohl der Lehre wie auch der Forschung nachhaltig
beeinträchtigtwurde.7Biszu ihrerAufteilung imJahr19758konntedieRechts-
und Staatswissenschaftliche Fakultät nicht mehr an das internationale Re-
nommee anknüpfen, das sie genossen hatte, als bei ihr die »Wiener rechts-
theoretischeSchule«unddie»ÖsterreichischeSchulederNationalökonomie«in
Blüte standenundzahlreicheProfessorenvonWeltruf an ihr lehrten.
DiegegenständlicheDarstellungwilldieGeschichtederWienerRechts-und
Staatswissenschaftlichen Fakultät in der 39 Semester umspannenden Um-
bruchszeit zwischenZerfall derMonarchieundMachtergreifungderNational-
sozialisten(Wintersemester1918/19–Wintersemester1937/38)nachvollziehen.
Bereits der Umstand, dass als Anfangs- und Endpunkt der Betrachtung zwei
politischeEreignissegewähltwurden,zeigt,dassdieUntersuchungennichtrein
wissenschaftsgeschichtlicherNatursind.DieswäreauchangesichtsderVielfalt
der an der Fakultät gelehrten Fächer und vertretenen Theoreme ein wenig
sinnvolles Unterfangen. Leitidee ist vielmehr, dass die Wiener Rechts- und
Staatswissenschaftliche Fakultät einen organisatorischen, aber auch gesell-
schaftlich-intellektuellenRahmen für eineVielzahl vonWissenschafter/inne/n
darstellte,welcheuntereinander invielfältigerWeise vernetztwaren, zwischen
5 Huber, Eliten/dis/kontinuitäten17.
6 Reiter-Zatloukal, Juristenausbildung10 ff; Posch, »Würdig«undRecht? 29.
7 DazukünftigFeichtinger, BrainDrain.
8 Mit §12 Universitäts-Organisationsgesetz 11. 4. 1975 BGBl 258/1975 wurde an Stelle der
Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät eine Rechtswissenschaftliche sowie eine So-
zial- undWirtschaftswissenschaftliche Fakultät errichtet; weitere Umstrukturierungen er-
folgten 2000und2004.Heutebestehenan ihrer Stelle dieRechtswissenschaftlicheFakultät,
die Fakultät fürWirtschaftswissenschaften und die Fakultät für Informatik; die sozialwis-
senschaftlichenLehrstühle sind inderFakultät fürSozialwissenschaftenaufgegangen.
Einleitung24
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Titel
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Autoren
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 838
- Kategorie
- Recht und Politik