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Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
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Antichambrieren, Netzwerkbildung und Präsente 43 Essen galten als wichtige Vernetzungseinrichtung der Gesandten wie des Adels und als ge- sellschaftliches Ereignis (verbunden oft mit kontaktförderndem Kartenspiel)176. Nachdem Andermüller an den Reichsvizekanzler Kaunitz aufgrund von dessen großer Arbeitsbelas- tung nur schwer herankam, versuchte der Anhalter Gesandte dessen Privatsekretär Johann Siegmund Hayeck von Waldstätten (1661‒1737) zu beeinflussen. Der kurbrandenbur- gische Resident Bartholdi lud deshalb den Sekretär nebst mir [Andermüller] verwichener tagen zu mahlzeit ein […], umb mir ein entrée in seine bekandtschafft zu machen177. Besonders eng scheint der Kontakt zu anderen Gesandten – den alliierten, aber auch den gegnerischen Abgesandten – gewesen zu sein. Andermüller baute sich rasch ein Netzwerk von freundlich gesinnten Gesandten auf. Dazu gehörte auch der kurbran- denburgische Resident Christian Friedrich Bartholdi (1668‒1714). Viele Gesprächsno- tizen Andermüllers mit anderen Gesandten finden sich in den 242 erhaltenen Relati- onen verstreut: indeßen habe ich auch sowol mit dem dänischen als holländischen envoyé hiervon gesprochen178; weilen der badensche hoffmarschall baron Greiff verwichenen tagen hier wieder angelenget, so habe mit dem königlich dänischen und churbrandenburgischen en- voyé und residenten gesprochen179. Die verworrene Informationslage über den laufenden Prozess führte mitunter zu überraschenden Allianzbildungen, wobei hier psychologische „Kriegsführung“ und das Interesse nach guten und sicheren Informationen unvermittelt nebeneinander stehen. Andermüller wurde etwa in seinem Wiener Quartier vom geg- nerischen, aber wissbegierigen braunschweig-lüneburgische Residenten aufgesucht: Er besuchte mich selbst in meinen logement und gedachte unter andern, daß die rede ginge, alß sollten die durchleuchtigsten sachsen-lauenburgischen erbprinzeßinnen […] das ganze herzogt- humb und zubehörige lande praetendiren, auch damit ziemlichen ingressum bey ihrer kaiserli- chen majestät finden, bey welcher bewandnus dann sowohl das durchleuchtig braunschweigisch lüneburgische als hochfürstlich anhaltische hauß würden zurückstehen müßen180. Aufgrund des geänderten Prozessverlaufes wurden in diesem Beispiel aus Gegnern kurzfristig sogar Bündnispartner. Oft ließ sich für Andermüller aber nicht klar erkennen, ob es sich bei Gesprächen und Initiativen um Privatunternehmungen der Residenten/Gesandten oder um angeordnete Handlungen der dahinter stehenden Höfe handelte. Deutlich wird dies an einer Bemerkung Andermüllers über Handlungen des kurbrandenburgischen Gesand- ten Bartholdi. Ich weiß nun nicht, ob herr Bartholdi absonderliche ordre von Berlin habe, die concertirung mit den princessinnen, wie er jezo aufs neue thut, so embsig zu treiben, und wann nun endlich darinnen was resolviret werden sollte, würde ich doch erst gnädigiste inst- ruction zu erwarten haben181. Das Überreichen von Präsenten und die Einschätzung, wer am besten mit solchen Geschenken zu bedenken sei, war eine wichtige Tätigkeit des Dessauer Gesandten An- dermüller. Ganz offen sprach der Gesandte in seiner Korrespondenz mit den Anhalter Fürsten über die Erfolgsaussichten möglicher Bestechungen – etwa des Reichshofrates Andler, der mit der sachsen-lauenburgischen Erbstreitigkeit als Referent betraut war182. 176 Pons, Gesandte in Wien 168–170; ders., Diario di Vienna 216f. 177 LASA, Z 87, XXI, Nr. 7, 9. Relation, 29. April 1699. 178 LASA, Z 87, XXI, Nr. 8, 42. Relation, 26. Dezember 1699. 179 LASA, Z 87, XXI, Nr. 8, 81. Bericht, 6. Oktober 1700. 180 LASA, Z 87, XXIV, Nr. 9, 149. Relation vom 25. Jänner 1702 181 LASA, Z 87, XXIV, Nr. 9, 114. Relation vom 25. Mai 1701. 182 LASA, Z 87, XXI, Nr. 7, 9. Relation vom 29. April 1699: Bey dem reichshofrath Antler wierd es nun wohl nicht nötig seyn, etwas anzuwenden, nachdem das votum ad imperatorem bereits abgestattet worden. […].
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Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
Titel
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
Autoren
Ferdinand Opll
Martin Scheutz
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20856-3
Abmessungen
16.9 x 23.9 cm
Seiten
212
Schlagwörter
History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
Kategorien
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