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Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
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44 Antichambrieren, Netzwerken und das Verfassen von Relationen Allen Beteiligten in Anhalt, aber auch Wien war klar, dass durch Bestechung am Reichs- hofrat die willfährigkeit animiret werde183. Der Reichsvizekanzler Kaunitz wurde mit 500 Dukaten bedacht, wobei die Übergabe dieser Bestechungssumme als „selbstverständliche“ Gegenleistung für die gehabte „Mühewaltung“ vom Dessauer Gesandten dargestellt wer- den musste184. Die nur formal verschämte Antwort des Reichsvizekanzlers ließ an Deut- lichkeit wenige Wünsche aus Anhalter Sicht über. Kaunitz bedankte sich bei Andermüller, daß sie [die Exzellenz Kaunitz] fast beschämet wären, von den durchleuchtigsten hause Anhalt ein solches praesent zu empfangen, so sie bishero noch nicht verdient hetten. Sie möchten aber es ferner zu meritiren und würden sie jederzeit, wan es ein hochfürstliche durchlaucht an sie schaffen würden, sich gerne angelegen seyn lassen, deroselben ihre bereitwillige dienste zu erweisen185. Bei der Übergabe von „Geschenken“ musste man vieles bedenken, weil in Wien ein praesent an einen ministrum nicht anderst als an golde und keiner silbermünze gegeben oder angenomen wird, umb solches nicht in einigerley weise eclatiren zu lassen186. Die Übergabe der beträchtlichen Bestechungssummen war also ein hochdelikates Unterfan- gen, Andermüller musste aber auch auf die Eigenarten der jeweiligen bestochenen Reichs- hofräte Rücksicht nehmen, welche die „Geschenke“ (wie der Reichshofrat Consbruch) oft in bestimmter Währung oder in bestimmer Münzausprägung erhalten wissen wollten187. Ich habe bißhero in pflichtschuldigster devotion davor gemeldet, […] ob herr von Consbruck die vor ihn destinirte 1.000 thaler mittelst eines billets an einen der hiesigen wechßler von mir annehmen werde, stehet dahin, er ist in diesen passu weit delicater als der herr reichsvice- canzler188. Die Übergabe der Präsente gestaltete sich als diffiziler Hochseilakt, der einer- seits den Anstrich von Bestechung vermeiden musste und andererseits das Geschenk als gerechtfertigte, nahezu selbstverständliche Belohnung für außerordentliche Leistungen darzustellen hatte. Andermüller verstand sich hervorragend auf diese komplexe Art der Gesprächsführung, wie die Übergabe der Bestechungsgelder an den in dieser Sache „deli- katen“ Kaspar Florentin von Consbruch (1655‒1712) verdeutlicht. Unmittelbar vor sei- ner Abreise im November 1703 nahm ich [Andermüller] anlaß das vorhin mir wieder zu- 183 LASA, Z 87, XXI, Nr. 8, 42. Relation vom 26. Dezember 1699: Der kayserliche legations und herrn reichsvice cantzlers cabinet secretarius Hayeck würde auch wol beßer zu geflißener willfährigkeit animiret werden, wenn er noch etwa 30 thlr. oder 40 fl. bekähme, weil ihm nur 60 fl. hiebevor gereichet worden. Dann von anderen hat er gmeiniglich zu 100 ducaten, zum wenigsten aber 100 thlr., zum present bekommen und wären also 100 fl. vor ihn wohl zu complementiren. 184 LASA, Z 87, XXI, Nr. 8, 45. Relation vom 16. Jänner 1700: Mit jüngster post die endliche ordre wegen abgebung der 500 stück specie ducaten an des herrn reichsvicecanzlers excellenz in sich gehalten, also habe ich solches sofort gehorsamst bewerkstelliget, inmassen ich denn ehegestern bey deroselben mich angemeldet, und als ich bald vorgelassen worden, geziemend vorgetragen, was gestalte eure hochfürstliche durchleuchtigkeiten seiner excellentz vor dero in der sachßen-luneburg. successions sache in favorem justitae anhaltinae bis dahero gehabte gütige müh- waltung sich verbunden erachteten und dannenhero einiges kennzeichen ihrer reconnaissance hiermit an den tag zulegen nicht ermanglen wollen, mit dem freundlichen ansuchen, seiner excellenz wollen solches als eine versicherung künfftiger mehrern erkäntlichkeit, wan die sache zum endlichen guten außschlag gedeyen würde, auf- und anzu- nehmen belieben und denselben die fürstl. anhaltische gerechtsame in hoc passu fernerhin zu fordersamen wolwollen recommendiret seyn lassen. 185 LASA, Z 87, XXI, Nr. 8, 45. Relation vom 16. Jänner 1700. 186 LASA, Z 87, XXIV, Nr. 10b, 208. Relation vom 21. März 1703. 187 LASA, Z 87, XXIV, Nr. 10b, 213. Relation vom 25. April 1703: Die 3.300 thaler in reichsvice canzlers hause, wie hiebevor schon unterthänigist gemeldet, können schon an current münze angewiesen werden. Bey dem herrn von Consbruck [Reichshofrat Kaspar Florentin von Consbruch] aber läßet es sich wohl nicht anders als mit species ducaten thun, weil selbiger in der gleichen vorfallenheit sehr delicat ist. 188 LASA, Z 87, XXIV, Nr. 10b, 216. Relation vom 16. Mai 1703.
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Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
Titel
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
Autoren
Ferdinand Opll
Martin Scheutz
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20856-3
Abmessungen
16.9 x 23.9 cm
Seiten
212
Schlagwörter
History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
Kategorien
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