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Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
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54 Die Andermüllersche Wien-Vogelschau von 1703 sich beim Amsterdamer Verleger sowohl um Peter Schenk den Älteren (1660‒1711)232 als auch um dessen gleichnamigen Sohn Peter Schenk den Jüngeren (1693‒1775) handeln, doch sprechen die stärkeren Verbindungen des Ersteren in den mitteldeutschen Raum eher für diesen. Der undatierte Kupferstich wäre demzufolge spätestens zum Jahr 1711, dem Todesjahr des Verlegers, zu datieren. Wiewohl unklar bleibt, weshalb Bernhard Ge- org Andermüller gerade dieses Blatt dem Fürsten dediziert hat, eine enge Beziehung zu kartographischen Werken und ein hohes Interesse für dieses Medium bleiben evident. Das Wiener Blatt nun – ausgeführt als färbig lavierte Federzeichnung und in der höchst anspruchsvollen Manier einer Vogelschau – ist ohne jeden Zweifel ein eigenhändi- ges Werk Andermüllers. Dieser bewährte Mitarbeiter des anhaltisch-dessauischen Hofes verfügte somit zum einen über eine weit über das Mittelmaß hinausgehende graphische Begabung, zum anderen dürften im Rahmen seiner gymnasialen und universitären Aus- bildungen wohl Disziplinen wie Geographie, Mathematik und Kartographie eine Rolle gespielt haben233. Als Hofmeister musste er junge Adelige in diesen Disziplinen auch un- terrichten. Auch die Leichenpredigt erwähnt die besondere Affinität Andermüllers zur „Zeichen-Kunst“234. Bereits der erste Blick auf die Vogelschau zeigt zudem, dass sich de- ren Schöpfer bei seiner Arbeit nicht gleichsam im „luftleeren Raum“ bewegte, das Ganze ab ovo schaffen musste und über keinerlei Vorlagen bzw. Vorbilder verfügte. Im Gegen- teil, insbesondere die beiden in der linken und rechten oberen Ecke zu sehenden ovalen Wappendarstellungen – links die für ein eigenes österreichisches Landeswappen stehende Kombination aus dem Fünfadlerschild mit dem Bindenschild, rechts das Wiener Stadt- wappen in der Form des Balkenkreuzes und beide in einem teilweise nur in Vorzeich- nung wiedergegebenen Volutenkranz235 – weisen völlig unmissverständlich darauf hin, dass Andermüller die Vogelschau des Jacob Hoefnagel (1575–1630) von 1609 gekannt haben muss. Nach der Art der Wappendarstellung muss er sich auf eine der Versionen des Hoefnagelschen Werks236 bezogen haben, die beide Wappendarstellungen aufweisen, womit etwa die Hoefnagel-Fassung im Werk des Matthaeus Merian (1593–1650), die in der oberen Mitte ausschließlich das Wiener Stadtwappen zeigt237, ausscheidet. Im Unter- schied zu seiner Vorlage beließ Andermüller die östlich, südlich und westlich der Stadtbe- festigungen gelegenen vostädtischen Bereiche weitgehend ohne Darstellung, zeigte aber – genauso wie seine Vorlage und flächenmäßig über diese noch hinausreichend – die am 232 Peter Wiegand, Schenk, Peter I., in: Martina Schattkowsky (Bearb.), Sächsische Biographie http:// www.isgv.de/saebi/. 233 Nicht nur für den frühneuzeitlichen Adel, der nicht selten im Rahmen seiner Ausbildung auch eine Kavalierstour absolvierte, lässt sich vielfach ein auffällig ausgeprägtes wissenschaftliches Interesse nachweisen, in dessen Rahmen naturwissenschaftliche Bereiche, wie Kartographie und Geographie, nicht selten gepaart mit und maßgeblich gefördert von Interessen für die Antike oder auch den Festungsbau, eine pointierte Rolle spielten. Ein gutes Beispiel dafür bietet Job Hartmann von Enenkel mit seinem vor wenigen Jahren im Detail analysierten Wiener Stadtplan aus den frühen 1620er Jahren, vgl. Opll–Scheutz, Schlierbach-Plan. Ein gutes Beispiel aus einer gesellschaftlichen Sphäre, in der sich auch Andermüller selbst bewegte, bietet Tilemann Stella, der in der Mitte des 16. Jhs. am Hofe Herzog Johann Albrechts I. von Mecklenburg wirkte und bedeu- tender Kartograph war, vgl. zu seinem Reisetagebuch Opll, „Iter Viennese“ 321–360. 234 Trauer- und Gedächtnuß-Rede 13. 235 Zu den beiden Wappen vgl. Göbl, Wappen-Lexikon 134, 191f. 236 Zu den unterschiedlichen Fassungen der Hoefnagel’schen Vogelschau von Wien vgl. van der Krogt, „Das ist das Auge von Österreich“ 96‒115. Zum Werk Hoefnagels im Allgemeinen vgl. die Hinweise unten Anhang 3, S. 163f. Nr. 8. 237 Abgebildet etwa auf der Titelseite der Stadtmappe Wien im Österreichischen Städteatlas, vgl. Opll, Wien (Öst. Städteatlas).
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Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
Titel
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
Autoren
Ferdinand Opll
Martin Scheutz
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20856-3
Abmessungen
16.9 x 23.9 cm
Seiten
212
Schlagwörter
History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
Kategorien
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