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Die Andermüllersche Wien-Vogelschau von 1703 57
„Schönbrunnerhaus“249 nicht eigens benannt werden, aber eben doch eingetragen sind.
Zu nennen sind hier die beiden Brunnen auf dem Neuen Markt, die diesen Platz bis zur
Errichtung des Providentia- bzw. Donnerbrunnens beherrschten250, die beiden Brunnen
am Graben, nämlich Josefs- und Leopoldsbrunnen251, der seit der Mitte des 15. Jahrhun-
derts bekannte Brunnen auf dem Platz Am Hof,252 der seit 1317 fassbare Schöpfbrunnen
auf dem Hohen Markt253, ein anderweitig nicht bezeugter Brunnen in der Biegung der
heutigen Schenkenstraße sowie zwei Brunnen in Höfen von Gebäuden an der Nordwest-
seite der heutigen Renngasse. Offenkundig fesselten auch mehrere Denkmäler und Säulen
das Interesse von Georg Bernhard Andermüller, bietet er doch auf seiner Vogelschau Dar-
stellungen der von Leopold I. errichteten Dreifaltigkeitssäule bzw. Pestsäule am Graben,
der Mariensäule auf dem Platz Am Hof und des Prangers am Hohen Markt254.
Freilich sind auch Auslassungen des einen oder anderen durchaus wichtigen Gebäudes
sowie regelrechte Fehler auf dem Andermüllerschen Plan zu konstatieren. Dabei ist es
schwierig bis regelrecht unmöglich, zu eruieren, worauf diese „Fehler“255 zurückzuführen
sind. Höchst erstaunlich bleibt es in jedem Fall, dass die gegenüber der Burg wie zugleich
der Michaelerkirche (am Beginn der zu Andermüllers Zeiten noch als Teil der Herren-
gasse geltenden Reitschulgasse) befindliche Stallburg in der Darstellung nicht berücksich-
tigt und von ihrem Zeichner offenkundig vergessen worden ist, obwohl sie in der Legende
der Vogelschau unter der Signatur Vu angeführt ist256. Und Vergleichbares gilt auch von
einem der kirchlichen Gebäude, fehlt doch die Ruprechtskirche auf dieser Vogelschau. Im
Hinblick auf den Straßengrundriss sind dem Dessauer einige wenige Fehler unterlaufen:
So bricht die Naglergasse in ihrem Verlauf in Richtung Heidenschuss an der Kreuzung
mit der heutigen Irisgasse ab, und von der Strauchgasse führt in einem Bogen zum Platz
Am Hof eine in der Realität nicht existierende Gasse. Weitgehend zutreffend vermerkt
Andermüller dagegen die Situation des freistehenden Häuserblocks am Ostende des Gra-
bens, wo ein Häuserblock zwischen Schlossergasse im Norden, Grabengasse im Süden
und einer unbezeichneten schmalen Gasse nach Osten zu den platzförmigen Graben
vom Stock-im-Eisen-Platz abtrennte. Die Schlossergasse mündete in einem nach Norden
gewandten Bogen direkt in die (heutige) Goldschmiedgasse, und zwischen dieser, der
Schlossergasse, der soeben erwähnten, unbezeichneten schmalen Gasse und der Kärntner
Straße (heute: Stephansplatz) befand sich gleichfalls ein eigener Häuserblock, in dem im
Norden und im Süden je vier mit der Giebelseite zur Straße (Graben- bzw. Schlossergasse)
gerichtete Häuser zu erkennen sind.
Wichtige zusätzliche Erkenntnisse brachte die gemeinsam durchgeführte Einsicht-
nahme beider Autoren in das Original in der Königlichen Bibliothek in Brüssel am 21.
249 Siehe dazu unten Anhang 2 (S. 155), Nr. 93.
250 Zu den älteren Brunnen auf dem Neuen Markt Art. Donnerbrunnen. Wien Geschichte Wiki.
251 Art. Grabenbrunnen. Wien Geschichte Wiki.
252 Art. Mariensäule. Wien Geschichte Wiki.
253 Art. Fischbrunnen. Wien Geschichte Wiki.
254 Zu diesen drei Säulen bzw. Monumenten höchst unterschiedlicher Funktion: Art. Mariensäule. Wien
Geschichte Wiki. Art. Dreifaltigkeitssäule. ebd; Art. Pranger. ebd. – Zum Phänomen der in der Barockzeit so
häufigen Errichtung derartiger Skulpturen im Stadtraum vgl. Scheutz, Säulentausch.
255 Zu diesen gehört etwa auch, dass der Chor der Kirche des Königinklosters hier nach Nordwesten (in
Richtung zur Bräunerstraße) weist, während dieser doch tatsächlich zur Dorotheergasse hin ausgerichtet war.
Gut überprüfen lässt sich dies durch den Vergleich mit der Situation auf dem Wien-Plan des Werner Arnold
Steinhausen von 1710, vgl. dazu Art. Stadtplan Steinhausen (1710). Wien Geschichte Wiki.
256 Siehe dazu unten Anhang 2 (S. 157), Nr. 102.
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Titel
- Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Martin Scheutz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20856-3
- Abmessungen
- 16.9 x 23.9 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen