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58 Die AndermĂŒllersche Wien-Vogelschau von 1703
September 2016. Dabei konnten zunÀchst die durchaus beachtlichen Abmessungen des
Blattes eruiert werden: Das Papiermaà weist eine Breite von 636 und eine Höhe von 557
mm auf, der Bildrahmen inklusive der Legende eine Breite von 604 und eine Höhe von
534 mm. Der Legendenstreifen, mit dem Bildbereich durch den durchgehenden Bild-
rahmen in roter Farbe verbunden, ist an das 436 mm hohe Blatt Ă€uĂerst sauber ange-
klebt. Aus diesen Abmessungen ergibt sich, dass AndermĂŒller fĂŒr sein Werk wohl ein
Doppelblatt des im Kanzleibereich gÀngigen Formats des Doppelfolio (330 x 420 mm)257
verwendet haben dĂŒrfte. Das eindrucksvolle Gesamtblatt ist senkrecht in der Mitte gefal-
tet. Da der Bug dieser Faltung nach oben weist, wurde die Vogelschau mit der Bildseite
nach auĂen verwahrt.
Erst die Autopsie am Original machte es des Weiteren möglich, die in der bisherigen
Literatur258 gebotenen Hinweise auf das Wasserzeichen des Blattes zu korrigieren: In der
linken unteren Blattecke, auf der Bildseite durch den Rahmen, den Wienfluss und die
Weissgerber BrĂŒcke begrenzt, findet sich nĂ€mlich die folgende Kombination aus Wasser-
zeichen mit Gegenzeichen: NÀher zum linken Bildrahmen ist ein einkonturiges dreiblÀtt-
riges Kleeblatt mit StĂ€ngel259 zu sehen, links daneben â allerdings eher undeutlich â un-
deutlich ein âVâ-förmiges Gegenzeichen (Abb. 6)260.
Eine Reihe weiterer Beobachtungen am Original machen wichtige Einblicke in den
Produktionsprozess dieser Vogelschau möglich: Dabei ist zunÀchst auf eine Reihe von
Vorzeichnungen mit Bleistift aufmerksam zu machen, die sich vor allem im Randbereich
der Stadt, kaum dagegen im innerstÀdtischen Bereich erkennen lassen. Hinzuweisen ist
auf solche Vorzeichnungen insbesondere bei Elementen der Stadtbefestigungen, darun-
ter beim Augustinerravelin wie ĂŒberhaupt im Abschnitt zwischen Augustinerkirche und
Burgbastei, mehrfach aber auch am Ă€uĂeren Grabenrand an der Ostseite der Stadt. An der
Donaufront wurde das auĂerhalb des Einlasses in die Gonzagabastei eingezeichnete Haus
ursprĂŒnglich viel nĂ€her an dem hier in die Donau mĂŒndenden Arsenalkanal eingezeich-
net. Innerhalb der Befestigungen stechen Vorzeichnungen am StraĂenrand der HĂ€user
unterhalb von Maria am Gestade und im Hinblick auf den ursprĂŒnglich weiter westlich
in Richtung KĂ€rntner Tor hin eingezeichneten, dann durch Rasur entfernten Turm der
Augustinerkirche hervor. Die Kartuschen der beiden Wappendarstellungen in den oberen
Ecken des Blattes sind nur zum Teil in Feder ausgefĂŒhrt, vor allem das Wiener Stadtwap-
pen in der rechten oberen Blattecke zeigt die Kartusche zur GĂ€nze in Bleistift.
Die Vornahme von Korrekturen ist darĂŒber hinaus auch bei mehreren Elementen der
Beschriftung des Blattes zu erkennen. Das gilt insbesondere fĂŒr den Legendenstreifen, wo
etwa bei der Eintragung des mit âSâ bezeichneten Franziskanerklosters St. Hieronymus
das Patrozinium offenbar ursprĂŒnglich Ieronymo lauten sollte und dann â im Ăbrigen
alles bereits mit der Feder (!) â in Hieronymo abgeĂ€ndert wurde. Unterschiedliche Tinten-
257 Siehe dazu den Eintrag bei Wikipedia zu âHistorischen europĂ€ischen Formatenâ.
258 Siehe dazu unten Anhang, S. 166 Nr. 19.
259 Belegt u. a. in einem theologischen Sammelband in der Bayerischen Staatsbibliothek aus dem SpÀtmit-
telalter, siehe: DE5580-Clm14294_23 <Permalink>, fassbar aber auch in Mittelitalien, vgl. Piccard (Bearb.),
Wasserzeichen Blatt 9 Abt. I Nr. 12 sowie 10 Abb. 12; online unter: http://www.piccard-online.de/bilder/
einleitungen/012.pdf.
260 Vielleicht ein in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Venedig oder Rom (?) bzw. in Venedig und Kreta
fassbares Zeichen in Form eines einfachen âVâ (siehe dazu: http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/struktur.
php?ref=DE5580-Codgraec64_150 sowie http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/struktur.php?klassi=0110
01020001001001&anzeigeIDMotif=9423&zeigeWz=102392).
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Titel
- Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Martin Scheutz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20856-3
- Abmessungen
- 16.9 x 23.9 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, EuropÀische Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen