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84 Die Transformation des Wiener Stadtbildes in der Frühen Neuzeit
es ein Jahr nach Andermüllers Abgang von Wien, 1704, den Theatinern, die hier ein äu-
ßerst prächtiges Gebäude errichten ließen383.
Schließen wir unseren Parcours durch das frühbarocke Wien unter besonderer Be-
rücksichtigung der Transformation des Stadtbildes mit einem Blick auf bauliche Initiati-
ven ab, die seitens der Stadt und ihrer Bürger gesetzt wurden, so lässt sich hier ungleich
weniger an Detailliertem aussagen, als dies für die kirchliche, die kaiserliche und die ade-
lige Sphäre möglich ist. Das hängt in allererster Linie von der einschlägigen Überliefe-
rung, aber auch vom Stand der betreffenden Forschung ab. Zwar liegt – im Gegensatz zur
mittelalterlichen Epoche – im Kontext vor allem der grundbücherlichen Dokumentation
für die Frühe Neuzeit eine durchaus beachtliche Überlieferungsdichte vor, doch fehlt bis-
lang eine strukturierte Analyse. Das große Häuserbuch von Paul Harrer-Lucienfeld hat
zwar das Material in ebenso eindrücklicher wie mustergültiger Weise erschlossen und die
Wien Geschichte Wiki-Plattform des Wiener Stadt- und Landesarchivs und der Wienbib-
liothek haben beachtliche Fortschritte in der Einarbeitung des Harrerschen Materialschat-
zes in die online verfügbare Datenbank erzielt. Eine strukturierte Aufarbeitung in dem
Sinne, dass Neu- und Umbauten von Objekten, nicht zuletzt auch das Zusammenbauen
mehrerer nebeneinander liegender Bauten zu einem Neubau in topographischer wie chro-
nologischer Übersicht erfassbar wären, fehlt aber bislang und kann – das sei gleich ein-
geräumt – auch im Kontext der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden. Was für den
Komplex städtisch-bürgerlichen Bauens möglich ist, sind freilich Beobachtungen zu ein-
zelnen Objekten sowie die infolge der Analyse der Andermüllerschen Vogelschau ungleich
verbesserte Betrachtung bestimmter baulicher Ensembles der Wiener Innenstadt.
Der städtische Magistrat verwendete seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts das
im Bereich Wipplingerstraße, Stoß-im-Himmel und Salvatorgasse gelegene Rathaus für
seine politischen und administrativen Geschäfte. Bernhard Georg Andermüllers Ansicht
von Norden (Abb. 14) zeigt uns bloß die Fassadengestaltung in der Salvatorgasse, die sich
durch einen wuchtigen Turm mittelalterlichen Gepräges mit Satteldach384 nahe der Stoß-
im-Himmel genannten Gasse auszeichnet, und, östlich anschließend, die seit der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts unter städtischem Patronat stehende Salvatorkirche385. Die
zur Zeit von Andermüllers Aufenthalt in der Stadt eingeleitete Barockisierung des Traktes
an der Wipplingerstraße in den Jahren 1699 bis 1706 ist infolge der Blickrichtung der
Vogelschau von Norden her nicht zu erkennen, doch weist ein auf der Ansicht des Salo-
mon Kleiner aus den 1720er Jahren nicht mehr vorhandener, mit barockem Zwiebelhelm
bekrönter Dachreiter zumindest ansatzweise auf diese baulichen Veränderungen hin386.
Wo die Stadt dagegen schon früher im Gefolge einer Erwerbung markante bauliche
Initiativen gesetzt hatte, war bei der Schranne am Hohen Markt. Bereits 1601 erfahren
wir erstmals von Bestrebungen der Übergabe dieses Gerichtsgebäudes aus der Verfügung
des Landesfürsten in die der Stadt. 1629 kam dies zum Abschluss, und die Schranne
stand ab da im Eigentum der Stadt. Unmittelbar danach erfolgte von 1630 bis 1635 ein
umfassender Neubau, der zwar noch keine Anzeichen barocken Formempfindens zeigt,
die ältere einwangige Freitreppe allerdings nunmehr in zweiwangiger Form (Abb. 15)
383 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 155 Nr. 89.
384 Dabei handelte es sich wohl um den bereits 1435 erwähnten Turm, wo vom 15. Jahrhundert an der Sitz
des städtischen Archivs war, siehe Art. Altes Rathaus. Wien Geschichte Wiki.
385 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 155 Nr. 90.
386 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 154 Nr. 85.
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Titel
- Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Autoren
- Ferdinand Opll
- Martin Scheutz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20856-3
- Abmessungen
- 16.9 x 23.9 cm
- Seiten
- 212
- Schlagwörter
- History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen