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Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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16 Einleitung geleistete physische Opfer über die materielle Versorgung hinaus auch noch in ganz anderer Weise  – nämlich symbolisch  – vergelten kann. Der kriegführende (National-) Staat verlangt seinen Soldaten Opfer ab, und verleiht ihnen, die nun ihrerseits Opfer sind, im Gegenzug Entschädigung und Status. Vor dem Hintergrund des Krieges legi- timiert und sakralisiert der Opferbegriff die Gewalt des Tötens, entlastet die Soldaten und tröstet die Hinterbliebenen. Spätestens seit der Französischen Revolution ist der gewaltsame Tod im Feld der Nation eingeschrieben.8 Kriegsopfer standen immer in einem besonderen Verhältnis zum Staat, für den und dessen (historisch wechselnde) Werte sie gekämpft bzw. in dessen Namen sie ihre An- gehörigen verloren hatten und der sie im Invalidenfall versorgte. Sie hatten ihr Opfer für eine höhere Sache  – die Ehre, die Freiheit, die Heimat, das Vaterland, den Kai- ser  – gebracht, konnten daraus einen Sinn ziehen und trugen zudem individuell keine Schuld an ihrer Versehrtheit. Was es für Kriegsbeschädigte bedeutet, Opfer gebracht zu haben und Opfer zu sein, wie der Staat mit dem Opferstatus eines Teils seiner Soldaten umgeht und wie dieser Status als Legitimation für die unterschiedlichsten Ansprüche herhalten muss  – Fragen wie diese bilden die facettenreichsten Teilaspekte der Thematik.9 Fürsorge. Als theoretischer Anspruch wurde die Pflicht zur Versorgung Bedürftiger durch den Staat bereits im 18. Jahrhundert formuliert, allerdings fehlten den staatli- chen Strukturen noch die notwendigen Kapazitäten. Zugewiesen wurde diese Auf- gabe daher den Kommunen. Ein Geflecht von kommunaler Befürsorgung und privater Wohltätigkeit kennzeichnete die Armenfürsorge im Wesentlichen bis ins 20. Jahr- hundert hinein. Erst die sozialen Probleme nach dem Ende des Ersten Weltkrieges brachten dieses System dann definitiv aus dem Gleichgewicht. Überall dort, wo der überforderte private und kommunale Sektor versagte, musste der Staat einspringen. Kriegs-Opfer-Fürsorge. Was die Fürsorge für Kriegsopfer betrifft, führte die gesetz- liche Entwicklung  – maßgeblich von Kriegen beeinflusst  – von der im 18. Jahrhundert erstmals formulierten, wenn auch noch in keiner Weise eingelösten staatlichen Ab- sicht, Kriegsopfer zu unterstützen, über einen Zeitraum von mehr als 150 Jahren hin zu einem rechtlich abgesicherten Anspruch der Kriegsopfer auf staatliche Leistungen. Neben diesem Wandel der Versorgung von einem obrigkeitlich gewährten Gnadenakt hin zu einem verbrieften Rechtsanspruch kam es auch zu einer Veränderung ihrer In- 8 Reinhart Koselleck/Michael Jeismann, Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne, München 1994. 9 Siehe dazu etwa Leed, der sich  – interessiert an der Transformation der Persönlichkeit durch die Kriegs- erfahrung  – schon sehr früh mit dem vom Soldaten gebrachten Opfer innerhalb einer zwischen Front und Heimat verhandelten Opferökonomie befasst hat ; Eric J. Leed, No Man’s Land. Combat and Iden- tity in World War I, Cambridge u. a. 1979, S.  204–210.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die Wundes des Staates
Untertitel
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Autoren
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
586
Kategorien
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