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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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17Starke Bilder – Grundriss einer Studie tention und ihrer konkreten Ausformung : Statt um Minimalversorgung ging es bald um Reintegration, und an die Stelle der Invalidenhäuser und Leierkastenkonzessio- nen traten differenzierte Leistungen, die von der Rentenzahlung über Heilbehand- lung, Rehabilitation, Umschulung und berufliche Reintegration bis zu diversen ande- ren Maßnahmen und Begünstigungen reichten. Bei der Kriegsopferversorgung ging es nicht mehr allein um die Erhaltung der Kriegstauglichkeit oder  – falls diese nicht mehr zu erreichen war  – um die materielle Absicherung durch Sach- und Geldleis- tungen. Im Vordergrund der Demobilisierung nach dem Ersten Weltkrieg stand nun die Wiedereingliederung der Kriegsbeschädigten in das Erwerbsleben, die mit einem Bündel von ineinander greifenden Maßnahmen erreicht werden sollte. Es war dies  – wie Maureen Healy es treffend charakterisierte  – „the work of cleansing the war out of the warrior“,10 ein Prozess der Normalisierung und Zivilisierung. Welche Maßnahmen dabei mehr als Fürsorge- und welche mehr als Versorgungsakte anzusprechen sind, kann oft nicht eindeutig entschieden werden ; in der vorliegenden Studie wird das Wort „Fürsorge“ tendenziell eher für die Beschreibung des Systems vor 1918 und der Begriff „Versorgung“ eher für die Zeit nach 1918 verwendet. Das juristische Kürzel MdE  – die in Prozentsätzen angegebene „Minderung der Erwerbsfähigkeit“  – avancierte zum Synonym für die Einstufung der Kriegsopfer, de- ren Versehrtheit nun von Fachleuten in Bezug auf das Erwerbsleben gemessen und „behandelt“ wurde. Ein neuer Blick auf den in seinen Funktionen tayloristisch zer- legten und einzeln betrachteten Körper förderte diese Einstellung. Begleitet wurde der Prozess von der durch den Krieg vorangetriebenen Entwicklung der Chirurgie und Orthopädie. Die Prothesenerzeugung, in der Österreich mit seinen 1915 ein- gerichteten staatlichen Prothesenwerkstätten europaweit führend war, spezialisierte sich auf Kriegsfälle. Der technische Fortschritt begünstigte seinerseits den Glauben an die Wiederherstellbarkeit des Körpers. Fehlende Glieder schienen sich mühelos durch Wunderwerke der Technik ersetzen zu lassen, die versprachen, den Menschen noch besser an die Maschinen anzupassen, an denen er arbeiten sollte.11  – Auch psy- chische Folgeschäden des Krieges wurden unter dem Titel Kriegsneurose erstmals 10 Maureen Healy, Civilizing the Soldier in Postwar Austria, in : Nancy M. Wingfield/Maria Bucur (Hg.), Gender and War in Twentieth-Century Eastern Europe, Bloomington-Indianapolis 2006, S.  47–69, hier S.  47. 11 Sabine Kienitz, Körper  – Beschädigungen. Kriegsinvalidität und Männlichkeitskonstruktionen in der Weimarer Republik, in : Karen Hagemann/Stefanie Schüler-Springorum (Hg.), Heimat-Front. Militär und Geschlechterverhältnisse im Zeitalter der Weltkriege (= Reihe „Geschichte und Geschlechter“ 35), Frankfurt/M.-New York 2002, S.  188–207 ; Bernd Ulrich, „… als wenn nichts geschehen wäre“. An- merkungen zur Behandlung der Kriegsopfer während des Ersten Weltkrieges, in : Gerhard Hirschfeld/ Gerd Krumeich/Irina Renz (Hg.), Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch  … Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkrieges, Essen 1993, S.  115–129.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die Wundes des Staates
Untertitel
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Autoren
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
586
Kategorien
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