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Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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50 Einleitung gung mit anderen Leistungen wurde angesichts ihres hohen symbolischen Wertes nie wirklich in Erwägung gezogen. Die Gesundheitsschäden, die Kriegsbeschädigungen zugrunde lagen, waren jeden- falls vielfältig, und gerade die explizite Einbeziehung der Erkrankungen verwies da- rauf, dass, wer einmal kriegsbeschädigt war, es nicht notwendigerweise sein Leben lang bleiben musste. Krankheiten waren theoretisch heilbar, am Ende einer Phase der Kriegsbeschädigung konnte auch die Gesundung stehen. Schon die Superarbitrie- rungsvorschrift aus dem 19. Jahrhundert kannte deshalb neben den dauerhaften auch befristete Superarbitrierungen.135 Auch während des Krieges wurden Soldaten mit be- stimmten Erkrankungen nur für kurze Zeit superarbitriert.136 Nach dem Krieg erho- ben dann die Invalidenentschädigungskommissionen kontinuierlich, ob sich der Ge- sundheitszustand eines Kriegsbeschädigten verbesserte oder verschlechterte, um dann jeweils neu über Ausmaß und Fortdauer der gewährten Leistungen zu entscheiden. Schwerkriegsbeschädigte überlebten oft nur einige Monate oder wenige Jahre, bei anderen setzten die im Krieg erworbenen gesundheitlichen Gebrechen verspätet ein, manche konnten sich wiederum soweit erholen, dass sie nicht mehr länger als kriegs- beschädigt galten. Zusätzlich zur Tatsache, dass sich Gesundheitsschäden real verän- derten, erwies sich gerade diese Grenze zu den Gesunden auch aus anderen Gründen als sehr flexibel. Einerseits legten Ärzte bei der Beurteilung unterschiedliche Maßstäbe an. Andererseits konnte diese Grenze auch gesetzlich verschoben werden, wie sich das etwa 1922 und 1924 zeigte, als zunächst eine Novellierung des Invalidenentschädi- gungsgesetzes alle „Leichtbeschädigten“ mit einer Einmalzahlung abfertigte und vom laufenden Rentenbezug ausschloss, und dann eine weitere Novellierung auch diese Zahlung strich und die Gruppe der Kriegsbeschädigten mit einem Schlag beträchtlich verkleinerte.137 Der Effekt dieser aus budgetärem Interesse getroffenen Maßnahme auf reichsdeutsche Einsatz-Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsgesetz im Zweiten Weltkrieg für ver- wundete Soldaten großzügiger war als für erkrankte. Diehl sieht darin einen Hinweis auf zunehmende Militarisierung ; James M. Diehl, Change and Continuity in the Treatment of German Kriegsopfer, in : Central European History, 18 (1985) 2, S.  170–187, hier S.  174. 135 Superarbitrierungs-Vorschrift […] vom Jahre 1885, § 54 : Die entsprechende Klassifikation lautete „derzeit untauglich“. 136 Beispielsweise bei Neurosen oder (Lungen-)Spitzenkatharren ; AT-OeStA/AdR BMfsV Kb, Kt. 1363, 26460/1918, Beratung der Fürsorgestellen des Landes Salzburg. 137 BGBl 1922/430. Als Leichtbeschädigte galten damals Personen mit einer Minderung der Erwerbsfä- higkeit von weniger als 35 %.  – Dasselbe geschah bereits 1923 auch in Deutschland, wo alle Kriegs- beschädigten mit weniger als 20 % MdE abgefertigt wurden. Da deren Anspruch auf Heilbehandlung aber weiterhin bestand, taten sich Statistiker nun mit der Zählung schwer ; Hausen, Die Sorge der Nation für ihre „Kriegsopfer“, S.  725 ; Hudemann, Kriegsopferpolitik nach den beiden Weltkriegen, S.  273. BGBl 1924/256.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die Wundes des Staates
Untertitel
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Autoren
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
586
Kategorien
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