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Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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62 Die Gesetzgebung der Monarchie 2.4 Der normative Rahmen der Kriegsbeschädigtenversorgung während des Krieges Das dürftige Gerüst, bestehend aus Militärversorgungsgesetz und Witwen- und Wai- senversorgungsgesetz, hielt der Beanspruchung, der es durch die allgemeine Mobilma- chung und die daraus resultierende bis dahin völlig unbekannte Form der Kriegsfüh- rung in kürzester Zeit ausgesetzt war, praktisch von Kriegsbeginn an nicht stand. Zum einen erforderte die hohe Zahl der Verwundeten jenseits der Alimentierung dieser Menschen zahlreiche andere Maßnahmen, die im Militärversorgungsgesetz keinerlei Erwähnung fanden. Als Stichworte seien hier nur medizinische Versorgung und Reha- bilitation genannt.32 Zum anderen waren aber jene Bestimmungen, die die Alimentie- rung regelten, völlig ungeeignet, tatsächlich invalid gewordenen Wehrpflichtigen bzw. deren Familien ein Auskommen zu sichern. Erschwerend kam hinzu, dass der Reichs- rat bereits im März 1914 aufgelöst worden war33 und alle gesetzlichen Regelungen bis zur Wiedereinsetzung des Parlamentes Mitte 1917 auf Basis einer Bestimmung des Staatsgrundgesetzes von 1867 in Form von kaiserlichen Verordnungen erlassen wurden.34 Die fehlende parlamentarische Kontrolle dieser Gesetzgebung dürfte  – das ergibt eine Analyse der parlamentarischen Debatten nach der Wiedereinberufung des Reichsrates  – der Praxistauglichkeit sowie der Qualität der Verordnungen nicht unbe- dingt zuträglich gewesen sein. In seiner Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zum Stand von Verhand- lungen über eine neues Militärversorgungsgesetz fasste der Minister für Landesver- teidigung Karl Czapp im Oktober 1917 die Probleme sehr anschaulich zusammen : Tatsächlich seien sich „die verantwortlichen Faktoren“35 bereits im Frieden einig ge- wesen, dass die in Kraft stehende Regelung zur Versorgung völlig unzureichend sei. Dementsprechend sei im März 1914 in Zusammenarbeit des Kriegsministeriums mit den beiden Landesverteidigungsministerien der Entwurf für ein neues Militärversor- 32 Vgl. dazu detailliert Kapitel 4. 33 Ernst Hanisch, Der lange Schatten des Staates. Österreichische Gesellschaftsgeschichte im 20. Jahrhun- dert (= Österreichische Geschichte 1890–1990), Wien 1994, S.  228. 34 Der Text des § 14 des Staatsgrundgesetzes (RGBl 1867/141) lautet folgendermaßen : „Wenn sich die dringende Nothwendigkeit solcher Anordnungen, zu welchen verfassungsmäßig die Zustimmung des Reichsrathes erforderlich ist, zu einer Zeit herausstellt, wo dieser nicht versammelt ist, so können diesel- ben unter Verantwortung des Gesamtministeriums durch kaiserliche Verordnung erlassen werden […]. Die Gesetzeskraft dieser Verordnungen erlischt, wenn die Regierung unterlassen hat, dieselben dem nächsten nach deren Kundmachung zusammentretenden Reichsrathe […] binnen vier Wochen nach diesem Zusammentritte zur Genehmigung vorzulegen, oder wenn dieselben die Genehmigung eines der beiden Häuser des Reichsrates nicht erhalten.“ 35 Sten. Prot. AH RR, XXII. Session, Anfragebeantwortung Nr. 88 v. 11.10.1917.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die Wundes des Staates
Untertitel
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Autoren
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
586
Kategorien
Geschichte Nach 1918
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