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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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79Der normative Rahmen der Kriegsbeschädigtenversorgung während des Krieges Staates, als Gegenleistung für die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht ein Ver- sorgungssystem zu schaffen, Anfang des Jahres 1918  – nicht zuletzt wohl wegen der exorbitanten Opferzahlen  – bereits ins Bewusstsein der politischen Öffentlichkeit ge- sickert war. Obwohl die Regierung in den Verhandlungen vor der Beschlussfassung zunächst versucht hatte, das Gesetz mit dem Hinweis auf die unmittelbar bevorste- hende Vorlage des Entwurfs für ein neues Militärversorgungsgesetz zu verhindern, und als das nicht gelang, es zu verwässern, findet der in der Causa zuständige Lan- desverteidigungsminister nur lobende Worte für die Neuregelung und der Ausschuss- Berichterstatter wischt alle Bedenken wegen der Belastung des Staatshaushaltes durch das Gesetz mit folgenden Worten vom Tisch : „Aber meine geehrten Herren, bei diesem Gesetz ist es auch gar nicht notwendig, sich ge- genwärtig mit den finanziellen Erfordernissen zu beschäftigen, soweit diese Beschäftigung dazu dienen soll, um zu beurteilen, ob man diesem Gesetz die Zustimmung geben soll oder sie ihm verweigern soll. Vom Gesichtswinkel der Belastung aus kann diese Vorlage von vorn- herein nicht betrachtet werden. Es wäre ganz verfehlt, etwa eine Summe festzulegen und zu sagen, diese Summe müßte unter den Invaliden aufgeteilt werden. Umgekehrt : Es muß von unten aufgebaut werden. Wir müssen sagen, was das Unerläßliche ist, was der Invalide unbedingt braucht und diesen Betrag hat man mit der Zahl der Anspruchsberechtigten zu multiplizieren. Es geht nicht anders […]. Nach diesem Kriege wird man die Invalidenfür- sorge nicht in der Form von Drehorgelkonzessionen sich erschöpfen lassen können. […] Unendlich groß ist die Dankesschuld, die der Staat gegenüber den Invaliden hat ; ein ganz klein wenig wollen wir zu deren Abtragung beitragen.“89 Keiner der nachfolgenden Redner stellte die Behauptung infrage, wonach das Thema der Kriegsbeschädigtenversorgung nicht aus dem „Gesichtswinkel der Belastung“ des Budgets betrachtet werden könne, und am Ende erntete Otto Glöckel für seine Rede nur Beifall. Das Gesetz wurde einstimmig angenommen. Zu diesem Zeitpunkt  – man schrieb bereits März 1918  – scheint der Zug abgefah- ren gewesen zu sein. Von keinem ideologischen Standpunkt aus ließ sich ein Argu- ment finden, das es erlaubt hätte, die Verpflichtung des Staates für die Opfer seines Handelns anzuzweifeln. Und ein solches Argument wurde auch gar nicht gesucht. Es ist sogar anzunehmen, dass nur die fehlende parlamentarische Kontrolle bis zum März 1917 verhindert hatte, dass der Druck auf die Regierung, wenigstens ansatzweise zeit- gemäße Regelungen zur Versorgung der Kriegsbeschädigten zu beschließen, bereits früher entstand. 89 Sten. Prot. AH RR, XXII. Session, 67. Sitzung v. 1.3.1918, S.  3406.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die Wundes des Staates
Untertitel
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Autoren
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
586
Kategorien
Geschichte Nach 1918
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