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104 Die soziale Kriegsbeschädigtenfürsorge im Krieg
unmittelbar von den Kriegshandlungen betroffenen Regionen der Monarchie bis zum
Ende des Krieges nur rudimentären Charakter haben.33
Häufig waren die Landeskommissionen direkt den Statthaltereien angegliedert.34
Manche jedoch – wie die Böhmens und Mährens – traten in Anlehnung an den Vor-
schlag des Ministerialerlasses vom März organisatorisch in enge Verbindung mit den
örtlichen Arbeiter-Unfallversicherungsanstalten. Diese Konstruktion hatte – das
wurde später wiederholt betont35 – den Vorteil, dass sich die Landeskommissionen
eines geschulten und mit der Materie grundsätzlich vertrauten sowie empathischen
Personals bedienen konnten, während der Anschluss an die Statthaltereien den Lan-
deskommissionen meist nur ein Schattendasein erlaubte. Die interne Verwaltungs-
struktur der Landeskommissionen folgte in beiden Fällen dem Ausschussprinzip. The-
oretisch sollten die zur Bewältigung der verschiedenen Aufgabenbereiche gebildeten
Fachaus schüsse36 auch die Mitwirkung breiter Bevölkerungsschichten am neuen Pro-
jekt der Invalidenfürsorge garantieren, in der Praxis erwiesen sich diese Ausschüsse
jedoch bald als ziemlich schwerfällige Gremien.
Das Ministerium bezeichnete die Verwaltungsinitiative wiederholt als „Aktion“37
und appellierte an alle Beteiligten, sich bereitwillig in den Dienst der Sache zu stellen.
Energisches und vor allem ehrenamtliches Engagement war – zumal die finanzielle
Ausstattung der Landeskommissionen zunächst nur äußerst vage geregelt war – auch
notwendig. Im zuerst zitierten Erlass heißt es nämlich hinsichtlich der Frage der Fi-
nanzierung bloß, dass die Zuwendung öffentlicher Mittel in die Wege geleitet worden
sei. Darin und im allgemeinen Eingeständnis, dass für die Kriegsbeschädigtenversor-
gung beträchtliche Geldmittel aufgebracht werden müssten und gerade deshalb eine
staatliche Aktion vonnöten sei, weil die private Fürsorge in diesem Sektor überfordert
33 Das wurde im Abgeordnetenhaus Ende 1917 beispielsweise für Galizien moniert ; AT-OeStA/AdR
BMfsV Kb, Kt. 1356, 121/1918, Anfrage des Genossen Halban v. 23.11.1917 ; siehe auch AT-OeStA/
AdR BMfsV Kb, Kt. 1358, 3658/1918. In der ungarischen Reichshälfte wurden vergleichbare Einrich-
tungen geschaffen, und zwar in Ungarn unter Beteiligung der „Kommission für die Fürsorge amputierter
oder gelähmter Soldaten“ sowie des „Zentralamtes für die Unterstützung und Stellenvermittlung für
Kriegsinvalide“ und in Zagreb unter Beteiligung der „Kriegsinvaliden-Landesfürsorgekommission“ ; K.k.
Ministerium des Innern, Mitteilungen, 1915, S. 6.
34 Siehe dazu etwa Ministerialrat Baron Klimburg vom Ministerium für öffentliche Arbeiten in einer Vor-
besprechung für die am 5.4.1918 anberaumte Konferenz über die Resolution des Wiener Gemeinderates
v. 6.2.1918 ; AT-OeStA/AdR BMfsV Kb, Kt. 1359, 8563/1918.
35 Ebd., Kt. 1359, 9055/1918.
36 Ausschuss für Heilbehandlung und Gliederersatz, Ausschuss zur Bekämpfung der Tuberkulose, Aus-
schuss für Schulung und Arbeitsvermittlung, usw.
37 Z. B. K.k. Ministerium des Innern, Mitteilungen, 1915, S. 1 ; siehe auch : „Fürsorgeaktion“ ; ebd., S. 3 ;
oder : „Invalidenfürsorgeaktion“ ; ebd., S. 6.
Die Wundes des Staates
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Wundes des Staates
- Untertitel
- Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
- Autoren
- Verena Pawlowsky
- Harald Wendelin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79598-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 586
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918