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andern und immer wieder gerne las.
Im I. 1792 zog sich Theresens Vater,
der mittlerweilezum Generalmajor avan»
cirt war, in den Ruhestand und uach
Oedeuburg zurück, wo Thciesens Herz
durch den Tod ihrer Mutter (1790) ein
tiefer Kummer traf. 1.799 verlor Therese
auch ihren Vater, und Therese stand ver-
waist mit ihren Geschwister» da. Nun
schloß sich ihr Herz an die durch Geist
und Gemüth gleich ausgezeichnete Maria
FieiinvonZ lly, geb. Freun von Cal is ch
(f. d.), mit welcher sie ein inniges Freund-
schaftsband unterhielt. Bald nach dem
Tode ihres Vaters erschienen Theresens
Erstlinge: „ Feldbimnrn, nnl AnMNs FIimn
gesammelt run Minna and Ghillne" (Jena
1800, 2 Bde.). Ein nach Jena reisender
Studirender hatte das Manuscript der
zwei Freundinnen, denn Minna ist Ma-
riane von Ti ell, mitgenommen. Im
Auslande fand wieder — ein in Oest-
reich leider so häufiger Vorgang —- die
in der Heimat fast unbeachtet gebliebene
Sammlung die beifälligste Aufnahme.
Dieß förderte die Arbeitslust und nun
erschienen: „Venen Oedichte »im Oheone"
(Tübingen 1806). — Anregend wirkte
die Bekanntschaft mit Freiherrn von
S t eigent e fch und es entstand der Ent-
wurf ihres Epos : „Dir schiach! »»n Zipem,"
Sie vollendete es, die Censur beurtheilte
das Gedicht günstig nud legte das Manu-
script dem Staatskanzlei vor. Das Re-
sultat war : daß der Dichterin die Heraus-
gabe eine« Werke«, wodurch sie die Groß«
thaten des Heldenprinzen der Habsbni-
ger und der Krieger ihres Vaterlandes
feierte — ohne Angabe der Gründe —
nicht gestattet wurde. Therefe, durch
diefes seltsame Druckverbot schmerzlich
berührt, überreichte 181? das Manu-
script der Erzherzogin Henriette, der
Gemahlin des im Epos gefeierten Helden.
Ins 1.1814 fallt Theresen« Bekannt-
schaft mit ber geist- und gemüthvollen Karoline P i cht er, der ersten Schrift-
stellerin Oesterreichs, mit der sie sich zu
Zinkendorf im gräflich Sze ccheni'schen
Hanse traf. Die geistverwandtcn Seelen
schloffen sich innig aneinander.In diese uud
die folgcndeZeit fallci! dicHerausgabeihres
1820); der „Schuld" von Mül lner
erster Theil. — „Oedich», gemähit, gibissnt,
»ermelirt" (Leipzig 1818, 2 Bde.) — und
zweier Schauspiele : „stiiie Oiözze," Schau-
spiel in 3Acten; — „Negenda im» Wladimir,"
Schauspiel iu 2 Acten (beide Kaschau
1824). — Außerdem erschienen von ihr
„Ariele über einen Gheii o<,,, Kroatien «nd Miien
an Caroline Pichier^Pcsth.Heckenllst, 1830)
und zahlreiche Poesien zerstreut iu „Hor-
mayrs Archiv," wo sich auch ein Fragment
ihres Epos „die Schlacht von Aspein"
(Jahrg. 1812, Märzheft befindet, in den
Taschenbüchern: „Minerva," „Aglaja,"
„Iris" u. iu a. Therese lebte, nachdem
sie im 1.1811 iu FolgedesFinanzpatentes
einen bedeutenden Theil ihres Vermögens
verlor, bei ihrer Freundin Marie v.Zay
abwechselnd in Wien und in Oedenburg.
Im Herbste 1829 im Begriffe eine größere
Reise zu unternehmen, taut sie uur bis
Agram, wo sie von einer plötzlichen
Krankheit befallen, derselbe!! erlag. The-
rese von Artner s Poesien tragen durch-
gängig das Gepräge tiefer Innerlichkeit,
wahren und warmen Gefühls. Sie dich-
tete, weil sie in der Poesie einen Ersatz
für manche ihr in der Einsamkeit nicht
gewordene Lebensfreude und später für
manche Verluste fand. Ohne daß sich ihre
Arbeiten über den Werth höheren Di-
lettantismus zu erheben vermöchten, un-
terscheiden sie sich doch wesentlich durch
die schlichte Form und die Innigteil des
ausgesprochenen Gedanken« von denhall«,
sinu- nud geistlosen Faseleien jener Rei-
merimien, die um die Hohlheit de« In-
Halts den Mantel der patiiotifcheu Phrase
hängen, um welches Kleid sich die Göttin
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Abel-Blumenthal, Band 1
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Abel-Blumenthal
- Band
- 1
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1856
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.18 x 19.61 cm
- Seiten
- 506
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon