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damals manchem Professor der Mathe-
matik fehlte. Diese in Allem sich beurkun-
dende Tüchtigkeit bewirkte es, dah, als
der Fürst Erzbifchof von Olmütz, Graf
E ho t et, für feinen Neffen, Otto Grafen
Eho tet, nach einem Correftetitor fuchte,
die Wahl auf B. fiel. Um seine Stndien
fortzusetzen, begab sich B. Mitte 1834
nach Wien, began» die Rechte zu studiren,
besuchte aber in seiner Vorliebe für
die Mathematik auch die astronomischen
Vorlesungen de« ausgezeichnetenL i t t r o w
und trug sich einige Zeit mit der Idee
herum, einen Dienst auf der Sternwarte
anzutreten. Litt iow, den heißblütigen
Jüngling ganz erfassend, machte ihm be-
greiflich, wie es ober seinem Haupte wohl
Myriaden Sterne, aber auf Erden nur
sehr wenig Sternwarte« gebe. Nach tur«
zem Kampfe widmete sich B. ganz den
Rechtsstudien und wurde 1841 zum Do-
ctor giabuirt. Neben den eifrigst betrie»
benen Studien der Brodwiffenschaft schrieb
B. für belletristische Journale; Novel
len, humoristisch-satyrische Artikel brachte
Saphir« Zeitschrift „Humorist; " spä-
ter betheiligte er sich an L. A. Franti«
„Sonntagsblättern," und schrieb bald
unter eigenem Namen, bald unter dem
Pseudonym S t e r n a u. Resultate seiner
wissenschaftlichen Studien legte er aber
in Wagner«, fpäter von Stuben-
lauch fortgefetzten „Zeitschrift für östr.
Rechtsgelehrsamleit" und in Wildners
„Jurist" nieder, in welchen er den Kampf
gegen die traditionelle östr. Jurisprudenz
als Vorkämpfer für die philosophisch«
geschichtliche Behandlung der Rechtswis-
senschaft in Oesterreich aufnahm. In
seinen tritifchen Besprechungen von
Perthalers „Recht und Geschichte,"
von HöPfners „Monographie über den
Nachdruck," von Rößlei« „Die Ge
schichte im östr. Rechte" u. a.; — in
seinen Abhandlungen: „Priuaiiechi »od
biugirliche» Nech! nach ihrem luyriiMchen Unter- und ihrer »ysiemaiischen Meier»»» " —
„Nie
quelle in, °5tr,Pri»»!rechie" zeigt er sich ebenso
als scharfsinnigen Dialeltikei, wie er
in der Art, die Ergebnisse seiner Studien
zusammenzufassen, auf der Hohe der
Wissenschaft stand. 1844 wurde B. zum
Assistenten der Lehrkanzel de« Natur» u.
Kriminalrechtes an der l. k. Therestani»
schen Ritteratademie ernannt. Im Jahre
1848 fand B. öfter Gelegenheit, seine
wissenschaftlichen Theorien in die Prazi«
zu übertragen, was denn auch der Fall
war bei Berathung de« ersten und zwei
ten Preßgesetz »Entwurfs, welcher er
al« Abgeordneter de« Wiener Schrift-
stellerverein« und als dessen Vicepräsibent
beiwohnte u, bei dieser Gelegen!)eitheraus
gab: „Die Prezzfriiheit und da« Prelsglseh"
(Wien 1848, Tendier). Al« die Wahlen
zur beutscheiiNational-Versammlung nach
Frankfurt a/M. stattfanden, wurde B.
zu Schönberg in Mahren zum Abgeord-
neten und in ber Leopolbstadt in Wien zum
Stellvertreter gewählt. Seine Wirksam
keit als Parlamentsmitglied ist in meh«
reren Schriften über da« deutsche Parla»
ment, als von Laube, Biedermann
u. A. hervorgehoben und seine Eigen»
schaften als Redner auf der Tribune von
Kalifch in seinen „Shreppnells" tref-
fend gezeichnet worden. Klarheit, Scharfe,
Witz und Schlagfertigkeit sind die Vorzüge
in B.'« Reden, und Biedermann er-
wähnt insbefondere der „ätzenden Säure
de« Oesterreichers," da er von B. spricht.
Den Höhenpunct seiner parlamentarischen
Beredsamkeit erreichte B. in seiner im
März 1849 gehaltenen Rede gegen den
Welter'schen Antrag: „Auf Annahme
der deutschen Reichsveifassung en bic,«
und Uebertragung der deutschen Kaiser»
würbe an Preußen." B. war b er ein-
zig e Oesterreicher, der !» dieser denk»
würdigen Debatte, in welcher sich alle
parlamentarischen Kräfte maßen, sprach,.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Abel-Blumenthal, Band 1
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Abel-Blumenthal
- Band
- 1
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1856
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.18 x 19.61 cm
- Seiten
- 506
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon