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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Bninski-Cordova, Band 2
Seite - 37 -
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3? die eigentlichen Werkzeuge der Negierung werden. Doch hatte er im hohen Adel seine einflußreichsten Gönner, die ihren Söhnen seinen Unterricht zuzuwenden wetteiferten. Seine Gegner u.Feinde behandelte er nie geringschätzig, aber nicht selten erhob die Schärfe seiner eige- nen Logik ihre Angriffe zu einiger Gel- tung. — Seiner Kirche ward er weder heimlich noch öffentlich abtrünnig, wie dies von Andern behauptet worden, son- dern er hing mit solcher Entschiedenheit und Innigkeit au ihr, daß er eiust den Ausspruch that: „Er würde Jesum ver- lassen uud der Kirche folgen, wenn diese es von all ihren Gliedern fordern sollte." Seiu Lieblingsdichter war Schil ler; unter den Philosophen entsprach ihm L eib- nitz am meisten; anKaut tadelte er, daß er zu wenig Mathematiker war und nur die mathematische Wahrheit war nach B. eine philosophische. Auf Schelling, Hegel,-Krug und viele Andere war er nicht gut zu sprechen. Als seine Ab- setzung erfolgte, wollte man ihm nicht nur das Ertheilen jedes religiösen Unter- richts, sondern auch das Beichtehören untersagen. Bekannt ist, daß wenn ein Freidenker keinen Geistlichen vorlassen wollte, und man ihn endlich doch dazu beredete, es dann immer hieß: „Nun, so holt mir den Professor Bolzano." Das ganze Leben Bolzano's ging nur auf das Eine: die Auffindung der Wahrheit hinaus, dergemä'ß er sein Thun uud Lassen einrichtete, und für die den Tod zu erleiden er keine Minute gezögert hätte. Es hatte nur von ihm abgehangen, äußere Ehren uud eiue glänzende Stel- lung zu erreichen, aber er hielt es unter seiner Würde, sich zeitlicher Güter wegen vom Wege der Wahrheit zu entfernen und den an ihn gestellten Zumuthungen zu willfahren. Einen Grundzug seines Charakters bildete seine fast leidenschaft- liche Wohlthätigkeit, namentlich für Arme, aber auch für Studirende und selbst für Anstalten. Uebrigens ist das Leben dieses Mannes, dessen künftiger Biograph ein Buch wird schreiben muffen, um ihm gerecht zu werden, so reich an allen jenen inneren uud äußeren Momenten dessen, was unser Jahrhundert an geistiger Cul- tur und Humanität aufzuweisen hat, daß in einer biographischen Skizze von ihm mit Necht gesagt werden durfte: „Man köune den Abgeschiedenen den Vollkom- mensten unseres Geschlechts, die je auf Erden gelebt haben, beizählen, denjenigen nämlich, die sich durch einen ungewöhnli- chen Grad von Weisheit und Tugend ausgezeichnet haben." Bolzano war einer jener Charaktere, welche durch eigene Kraft, von Innen heraus, trotz aller Hindernisse ihre Laufbahn zurück- legen und am Ende derselben der ganzen Welt die wohlthätige Nachwirkung der Größe zurücklassen. Bei schwächlichem Körper, aus dessen Haltung christliche Demuth sprach, ergab er sich rückhaltslos ununterbrochenen wissenschaftlichen Stu- dien. Die Literatur faud an ihm einen gerechten, nüchternen Würdiger und viele seiner Aussprüche über Goethe und Schiller sind interessant. Er selbst war einige Male als Poet ausgetreten, aber die Zerfahrenheit der moderneu dichteri- schen Schule konnte ihm nicht behagen und er wies sogar durch längere Zeit alle ähnliche Lectüre von sich. Den persönli- chen Verkehr mit ihm wußte er durch liebenswürdige Heiterkeit und jene Ruhe wohlthuend zn machen, die den gereiften Deuker charakterisirt. Er sprach nicht viel und war gegen fremde Ansichten tolerant, wie überhaupt Bescheidenheit ein Grundton seines Wesens war. Seine Devise — nicht dem bloßen Worte, son- dern der That nach — war: „Fortschrei- ten soll ich!" Ein merkwürdiges Docu- meut aus der Feder des Gelehrten ist sein Testament, welches auf sein ganzes Leben
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Bninski-Cordova, Band 2
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Bninski-Cordova
Band
2
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1857
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
470
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
Lexika Wurzbach-Lexikon
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