Seite - 56 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Bninski-Cordova, Band 2
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wngen gebracht, daß ihm der Proceß ge-
macht, er semer Würden entsetzt und
auf den Spielberg in Mähren in Haft
gebracht wurde. Am 13. Iän. 1726 -
nach jahrlanger Haft — wurde er wie-
der entlassen. Am nämlichen Tage war
auch Marquis dePrie in Brüssel ge-
storben. Von Rache gegen Oesterreich
erfüllt, trat nun B. zuerst in spanische
Dienste; war 1729 in Venedig, von
wo er mit einem Passe der Signoria
nach Ragusa, von dort nach Bosnien
reiste. Plötzlich hieß es und bestätigte sich
auch, Graf Bonneval habe türkische
Dienste genommen und hetze die Pforte
zum Kampfe gegen den Kaiser. In Con-
ftantinopel, wohin der Ruf seiner ruhm-
vollen Thaten ihm vorausgegangen, fand
er eine sehr ehrenvolle Aufnahme. Der
Sultan empfing ihn in feierlicher Audienz
und ernannte ihn zum Pascha mit zwei
Roßschweifen; 1732 zum Tumdai-ää^ii
Vasolii) d. i. Chef der Bombardiere,
welches Corps er auf 4000 Mann trefflich
exercirter Leute brachte. In der Türkei
verbesserte B. das Artilleriewesen, und
gab
sich vielMühe, europäische Disciplin
unter den Türken einzuführen. Doch
auch hier war sein Verhalten nicht geeig-
net, ihm das Vertrauen der Türken zu»
zuwenden. 1738 mußte er sogar Constan-
tinopel verlassen, worauf er zu Kastemone
in Asien sich aufhielt. Nach einem Jahre
durfte er wieder zurückkehren, aber all
sein Ehrgeiz faud keine Gelegenheit sich
zu bethätigen. Prinz de Ligne sagt von
B.: „Keinen Tag war sein Kopf ohne
Projecte", und sein merkwürdigstes war
das folgende: er schlug Frankreich vor,
ihm den Eintritt in's schwarze Meer zu
gewähren. Ueber diesem abenteuerlichen
Plan starb er im Alter von 72 Jahren.
Auf hohen Befehl wurde ihm aus
schönem weißen Marmor ein prächtiges
Monument zu Pera errichtet, mit folgen-
der Inschrift: „Der weltberühmte Ach- met Pascha verließ, um den Islam an-
zunehmen, sein väterliches Erbe. Er
hatte unter den Seinigen einen Ruf er-
worben; hier erwarb er Herrlichkeit und
Unsterblichkeit. Er war ein Weiser des
Jahrhunderts, der Hoheit und Niedrig-
keit aus Erfahrung kanute. Er unter-
schied Gntes und Böses, Schönheit und
Häßlichkeit. Ueberzeugt von der Nichtig-
keit aller irdischen Dinge, wählte er den
glücklichsten Augenblick in die Ewigkeit
überzugehen, und trank den Kelch des
Todes in der Geburtsuacht des erhabenen
Propheten. Das war der glückliche Zeit-
punct sich der göttlichen Barmherzigkeit
zu übergeben, und die Erde mit dem
Himmel zu vertauschen. Bonneval
Achmet Pascha finde im Paradiese seine
Ruhe. Den zwölften des Mondes Rebbi-
Ewel im 1130sten Jahre der Hedschra".
B. besaß neben seltenen Talenten leider
keinen Charakter; sein abenteuerlicher
ruheloser Hang herrschte in allem was
er unternahm vor; wie ernstlich er seinen
Uebertritt zum Islam genommen, darü-
ber gibt seine eigene oft angebrachte Aeu-
ßerung: „Er habe seine Nachtmütze mit
einem Turban vertauscht" Anfschluß.
Seinen Leichtsinn, der keine Gränze
kannte, charakterisirt die Thatsache, daß
er bei einem Hazardspiele, nachdem er
bereits alles verloren, ausrief: „hier auf
diese Karte setze ich als 100 Ducaten den
Nameu des Prinzen Eugc n". Fried-
rich der Große (HiLtoira äs nion ttimpZ
. oliap. I.) schreibt über ihn:
äe tklons" und hat ihn mit
dieser Zeile am treffendsten gezeichnet,
denn B. war thatsächlich nicht mehr als
ein nickt talentloser Abenteurer. Was in
Biographien über ihn von seinem Harem
erzählt wird, ist erdichtet. B. hatte keinen
Harem. Unter guten Freunden that er
sich keinen Zwang au in Befolgung
von Mahomet's Weinverbot. Sonst hielt
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Bninski-Cordova, Band 2
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Bninski-Cordova
- Band
- 2
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1857
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 470
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon