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Boor auch Bor und Bohr, Peter
Ritter von (geb. im Dorfe Bredimus
an der Mosel 1774, gest. in Wien 15.
Oct. 1847). Der Sohn wohlhabender
Eltern kam er, 14 Jahre alt, nach Os-
wald in der Provinz Luxemburg, in die
Maler- und Zeichen-Akademie, später
nach Paris um sich weiter auszubilden;
trat 18 I . alt in französische Dienste und
wurde im I . 1793 Lieut. im 6. franz.
Artillerie-Reg. In Folge der Restitui-
rung jener franz. Regimenter, welche den
Rhein überschritten und von allen nicht
republikanischen Elementen gereinigt
werden sollten, verließ B. sein Regiment,
verschaffte sich einen Paß nach Oesterreich,
wurde aber in Linz aufgehalten, wo er
zu Pinsel und Palette griff, um daselbst
als Maler zu leben. Dort kam er mit
dem FZM. Beaulieu, der in Linz
lebte, zusammen, dieser nahm ihn gast-
lich in sein Haus auf. B. übte seine Kunst
aus, heiratete 1798 die Tochter eines
Zeichnungslehrers in Linz, die ein Putz-
geschäft trieb. Belde, er durch glückliche Es-
comptgeschäfte und Speculationen, wozu
die französische Invasion die beste Gele-
genheit darbot, wie seine Frau durch
ihr Geschäft, hoben ihren Glücksstand so
sehr, daß sie im I . 1813 ein Vermögen
von 130,000 st. CM. besaßen. Schon im
1.1808 erhob sich gegen ihn der Ver-
dacht des Verbrechens der Fälschung, die
deßhalb vorgenommene Hausvisitation
blieb aber resultatlos. Im 1.1813 über-
siedelte er nach Wien, wo er bis 1827
verblieb und sein Vermögen bis auf
400,000 fl. vermehrte. Im I . 1819
verlor er seine Frau durch den Tod, und
1821 vermalte sich B. zum zweiten Male.
Im I . 1827 übersiedelte er nach Kla-
genfurt, verwaltete seine Herrschaft Kot-
tingbrunn und die Güter des Fürsten
Franz Rosenberg in Kärnten. Im I .
1828 kaufte er nicht nur das Rosen-
berg'sche Allodialpalais in Klagenfurt, sondern noch vier Rosenberg'sche Gü-
ter um 200,000 fl. CM. Als die fürstlich
Rosenberg'sche Familie in Concurs
verfiel, war B. als Gläubiger mit
348,000 fl. CM. und mit Leibrenten im
Betrage von 2500 st. daran betheiligt.
Bei diesem Concnrse verlor B. bedeutend,
hielt aber seinen Verlnst verborgen und
betheiligte sich an allen großen Erfindun-
gen und Unternehmungen mit bedeuten-
den Summen. Mit zwei anderen Män-
nern gründete er die erste österreichische
Sparcasse, gab als ersten Fond 1000 fl.
her, widmete dem jungen Institute zwei
Jahre seine Dienste, und stand später
drei Jahre als Curator an der Leitung
derselben. Er war Begründer der Donau-
Dampfschifffahrts - Gesellschaft, Erfinder
einer nach neuem Principe eonstruirten
Ouillochirmaschine, und in Verbindung
mit Professor Höfel Gründer des be-
kannten Prachtwerkes „Oesterreichs Eh-
rentempel". Sein Verlust bei dem fürstl.
Rosenberg'schen Concnrse erhob sich
anf 180,000 fl. Seine Gläubiger dräng-
ten ihn, und am 13. Dcc. 1839 brach der
Concurs über sein Vermögen aus. Am
Tage der Concurseröffnnng betrug seine
Baarschaft sieben Guldeu. Von dieser
Zeit an lebte er ganz zurückgezogen, auf
das Witthmn seiner Frau beschränkt, oft
mehrere Tage in seinem Zimmer einge-
schlossen, so daß seine Umgebung ängstliche
Bemerkungen über seinen Geisteszustand
aussprach. Plötzlich wurde er am 8. Oct.
1845 mit seiner Frau zugleich verhaftet,
nach geendeter Untersuchung des Ver-
brechens der Fälschung überwiesen und
am 23. Mai 1846 er und seine Frau zum
Tode durch den Strang verurtheilt, wel-
ches Urtheil im Gnadenwege für ihn auf
8, für seine Frau auf 2 Jahre Kerker
gemildert wnrdc. Die Nationalbank ver-
zichtete auf jeden Schadenersatz. Dieser
Proceß gehört nicht nur zu den interessan-
testen der östr. Strafrechtspflege, sondern
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Bninski-Cordova, Band 2
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Bninski-Cordova
- Band
- 2
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1857
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 470
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon