Seite - 86 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Bninski-Cordova, Band 2
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sen nach Frankreich und England und er-
richtete schon 1838 eine Weberei in Nuß-
dorf und 1844 eine Druckereifabrik in
Hacking, beide nächst Wien. Nach kaum
halbjährigem Bestände der letztern Fabrik
erhielt B. 184ö bei der österr. Central-
ausstellung in Wien die silberne
Gewerbs-
medaille und steigerte nach und nach die
Vervollkommnung seines Industriezwei-
ges so, daß ihm auf den Ausstellungen von
Leipzig, München, London, Newyork und
Paris Ehrenpreise zuerkannt wurden.
In seiner Fabrik werden nur edlere
Waaren: Longshawls, viereckige Shawl-
tücher, Schärpen, Kleiderstoffe aus Seide,
Seidengaze und Schafwolle gedruckt. Auf
der Pariser Ausstellung erregten B.'s Fa-
brikate durch die Originalität uud den
Geschmack ihrer Zeichnung große Auf-
merksamkeit, und namentlich fand die
täuschende Imitat ion der Weberei
vonbrochirten Stoffenden Beifall
der Kenner. In neuester Zeit lenkte B.
die Aufmerksamkeit der industriellen Welt
durch die Erfindung einer Maschine auf
sich, welche auf dem von ihm und seinen
Collegen gepflegten Gebiete der Industrie
— in der Stoffdruckerei — eine förm-
liche Revolution hervorbringen muß. Das
Drucken feinerer, edlerer Waare, wie
Shawls u. dgl. geschah bisher überall mit
der Hand durch Platten, deren Zahl je
nach dem Reichthume des Musters und
der Menge der Farben verschieden ist.
Wollte nach der eben beschriebenen Me-
thode ein Fabrikant täglich 200 Shawls
herstellen, so bedürfte er dazu 100 ge-
schickte Arbeiter, 100 Kinder und einen
Flächenraum von 300 Quadratmetres.
Dabei konnte man auf 200 Shawls im-
mer 20 Percent unvollkommene Waare
rechnen. Mit B.'s Maschine ist erstens jeder
Arbeiter, der auch nicht die geringste
Kenntniß von der Fabrikation hat, zu ar-
beiten im Stande. Ferner druckt B.'s
Maschine an einem Arbeitstage, also in zehn Stunden 30 Shawls in zwölf, über
100 in vier Farben, wozu nicht mehr
als ein Arbeiter und ein Kind, und ein
Flächenraum von vier Quadratmetres
nöthig sind. Ein guter Arbeiter erhielt
früher einen Taglohn von 1 st. 20 kr.
und konnte, wenn er geschickt und steißig
war, höchstens zwei Shawls im Tage
drucken. Jetzt bei einem Shawl von
zwölf Farben kommt der Arbeitslohn
pr. Stück auf 2 Va kr., während er früher
40 kr. betrug. Bereits stehen dreißig
Maschinen in der Fabrik zu Hacking auf-
gestellt und B's. Erfindung hat solche
Sensation in der industriellen Welt ge-
macht, daß die Fabrikanten von Glasgow
und Mühlhausen große Bestellungen bei
B. gemacht. B. hat seine Erfindung so-
wohl in Bezug auf das System derselben
als in Bezug auf die Details der Ma-
schine durch ausschließliche Privilegien
in England und Frankreich gesichert.
DieErfindung B.'s ist in der industriellen
Welt so bedeutend befunden worden, daß
Frankreich das Brevet um eine hohe '
Summe erkaufte, England und Ruß-
land sich darum bewerben. Besitzt
Bossi schon nach dieser Richtung hin
Verdienste um die österreichische In-
dustrie, so verdienen nicht minder die Er-
weiterung und Richtung bemerkt zu wer-
den, welche er der Industrie Oesterreichs
in dem von ihm ausgeübten Industrie-
zweige gibt. Die Hälfte der bedeutenden
jährlichen Gesammtproduction dieses Hau-
ses ist für den überseeischen Trausport,
namentlich südamerikanische Häfen, nach
Lima, Buenos-Ayreö, Valparaiso be-
stimmt; auch war es ursprünglich B.,
welcher zur Ausfuhr einheimischer Waa-
ren der genannten Kategorie den ersten
Impuls gab, und sind die vorzüglichsten
Repräsentanten dieses eleganten Drnck-
faches, die seither in Oesterreich auf-
traten und sich darin einen Namen er-
worben haben, größtentheils in seinem
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Bninski-Cordova, Band 2
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Bninski-Cordova
- Band
- 2
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1857
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 470
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon