Seite - 66 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Coremans-Eger, Band 3
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ten, soll ihn zu dem Entschlüsse geführt
haben, jenen angeblichen Urstamm der
Magyaren und deren ursprüngliches Va-
terland im Inneren Asiens anfzusnchen.
Nach seiner Zurückkunft aus Deutschland
begab sich C. nach Temesvär, widmete
sich bis Nov. 1819 dem Studium des
dortigen slavischen Idioms und untev
nahm in dieser Zeit eine Neise nach
Agram, um andere slavische Mundarten
zu studiren. Philologie, Geschichte, Erd
u. Völkerkunde waren nun die Gegenstände
seiner Studien nnd hingen mit seinem
Entschlüsse, den Orient zu bereisen, zu
sammen. Ende Nov. 1819 reiste C. nach
Bucharest und begab
sich
von da, nachdem
er sich einige Kenntniß der türk. Sprache
eigen gemacht hatte, 1820 über Rustschuk
und Sophia nach Philippopolis und Enos.
Von dort segelte C. auf einem griechischen
Schiffe nach Alexandrien in Egypten,
verließ es jedoch der plötzlich ausgebro-
chenen Pest wegen bald wieder, und
schiffte nach Larnica in Cypern, Sidon,
Beirut, Tripolis und Ladakia ein und
von dort reiste er weiter zu Fuß nach
Haleb (Aleppo) in Syrien. Auf gleiche
Weise reiste C. in morgenländischer
Tracht mit mehreren Caravanen über
Urfa nach Moßul nnd von da auf einem
Flosse nach Bagdad. Hier erhielt er durch
den Secretär des engl. Residenten Geld
nnd Kleider und reiste sodann in euro-
päischer Tracht zu Pferde mit einer Ca-
ravane weiter über Kermanschah und
Hamadan nach Teheran, der jetzigen
Hauptstadt von Persien, wo er im Oct.
1320 anlangte und sich des besonderen
Schutzes und der Unterstützung des dor-
tigen engl. Residenten Sir Henry W i l -
lockzu erfreuen hatte. C. verweilte 4
Monate zu Teheran, wo er sich sowohl
mit der persischen Sprache bekannt machte,
als auch in der englischen vervollkomm-
nete, sowie nebenbei viele antiquarische und
numismatische Forschungen unternahm. Den 1. März 1821 verließ C. Teheran
und reiste im April dess. Jahres, als
Armenier gekleidet, nach Meschid in Cho<
rassan. Von da setzte er seine Reise wei-
ter über Buchara, Balck, Kalun und Ba-
mian nach Lahore fort und begab sich
bald darauf über Amwilisir und Dschemna
nach Kaschemir, von dort nach einem
Aufeuthalte von einem Monate nach Leh,
der Hauptstadt vou Ladakh, kehrte aber
auf die Nachricht, daß die Reise nach Jer-
kand, welche er vorznnehmen Willens
war, besonders für Christen schwierig,
kostspielig und gefahrvoll sei, wieder nach
Lahore zurück und traf zu Himbay den
berühmten Reisenden Moorcroft , den
er auch auf dessen Rückreise nach Leh be-
gleitete, wo sie gegen Ende August 1822
anlangten. Hier machte
sich
C. auch dnrch
dessen Beihilfe mit der persischen und ti-
betanischen Sprache bekannt. Den fol-
genden Winter brachte er in Gesellschaft
des engl. Reisenden Georg Trebek in
Kaschemir zu und setzte seine Sprachstu-
dien fort. Durch Moorcroft mit Geld-
mitteln und Empfehlungsbriefen an ver-
schiedene Lama's versehen, reiste C. nach
Leh und 9)ougla und begab sich endlich
in's Kloster Zimskar in Kanam am obern
Sudletsch, etwa acht Tagereisen südlich von
Leh, 9000< über der Meeresfläche, wo er
gründlicher dem Studium der tibetani-
schen Sprache oblag. Hier betrieb er es
viele Jahre hindurch unter Leitung eines
gelehrten Lamas mit beispielloser Aus-
dauer, Winters im ungeheizten Zimmer,
bei einer Kälte von durchschnittlich mehr
als 14° R., in Schaffelle gehüllt, bis er
sich endlich vollkommen znm Herrn jener
absonderlichen Sprache gemacht, von der
die früheren Besucher Tibets, z. B. der
Missionär Georgi, ein solches Zerrbild
entworfen hatten, daß selbst die größten
Forscher nnd Sprachgenies, wie A. Re-
m u s a t u.K l a p r o t h, mit demselben nichts
anzufangen gewußt. Wovon er während
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Band 3
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Coremans-Eger
- Band
- 3
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1858
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 456
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon