Seite - 90 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Coremans-Eger, Band 3
Bild der Seite - 90 -
Text der Seite - 90 -
90
untergegangene Polen Bezug hatten,
dann die Verbesserung des Zustandes
des ihr unterthänigen Landvolkes.
Den in der Nähe ihres Landsitzes woh-
nenden Unterthanen war sie eine wahr-
hafte Mutter; sie verbesserte das äußere
Leben der Leute, gewöhnte sie an Ord
nung und Reinlichkeit, machte sich, um
auf das Innere derselben zu wirken,
mit ihren Eigenschaften, Neigungen,
Verhältnissen bekannt und wurde aber
auch von ihnen wie eine Mutter geliebt
und verehrt. Als Kaiser Alexander
das neue Königreich Polen begründet
hatte, dehnte die Fürstin ihren Wirkungs-
kreis noch weiter aus, und wollte durch
Schriften im Volkston verfaßt, ihre Leute
allmälig heranbilden. Aus diesem Anlaß
gab sie den „kieiFlsiin 2 Oodroiuilk",
d. i. Der Pilger aus Dobromil, herans.
Der Pilger ist ein Mann, der nur um
eine Stufe in der Bildung höher steht,
als die Landleute, denen er die Regierung
der Polnischen Könige in leicht faßlicher
Weise beschreibt. Dem Werke waren länd-
liche Scenen beigegeben, welche die Ver-
besserung manches eingewurzelten Feh-
lers, die Abschaffung manches Aberglau-
bens zum Zwecke hatten. Das Buch ver-
räth tiefe Vertrautheit der Fürstin mit
den Zustanden und dem Charakter des
Landvolkes. Der zweite Band enthielt
ähnliches wie der erste; nur kamen noch
die Lebensbeschreibungen der polnischen
Heiligen hinzu. Die Erzählungen im er-
sten Theile sind von ihrer Tochter (s. u.)
verfaßt. Außer diesen hauptsächlichen Le-
bensrichtungen waren aber insbesondere
die Gartenkunst und Obstbaumzucht Ge-
genstände, denen die Fürstin große Sorg-
falt widmete. I n Putawy legte sie einen
großen englischen Garten an, welcher sich
an die Weichsel lehnte und worin die Für-
stin alle Reize einer dem Boden günstigen
Natur mit der Kunst geschickt zu verbin-
den verstand. Um die Cultur der Gärten im Lande zu verbreiten, schrieb sie auch
das Werk: „ U M i roiuv 0 gxoscMe
2a.k3g.äa.ujg. oßroäon- xi-262 «I. 0.",
d. i. Verschiedene Gedanken über die Me-
thode Garten anzulegen, 2 Anst. (Bres-
lau 1808, Korn. gr. 4"., 54 S. Text,
mit K. K.), in einem anmuthigen Style
mit tiefem Gefühl, worin eine seltene
Liebe zur Natur athmet, in der sie Hei-
lung für manche Seelenleiden findet.
Del i l le in seinem Gedichte „1^3 ^ r -
äin3" richtet an Pulawy und seine Be-
sitzerin die schöne Apostrophe:
I^Oltlinä I'ulH'w?, hui 8SU1 0btiii8 äss äisux
Ukux.
Unter den Gebäuden in Pui'awy war sei-
ner Zeit der Sibillen-Tempel berühmt,
so hieß der Tempel, wo die Alterthümer
und Reliquien der Könige von Polen
aufbewahrt wurden. I n einer Kiste von
Ebenholz mit Gold beschlagen, darauf
mit einer Platte von Malachit mit eincr
polnischen Inschrift von Diamauten,
waren die Ringe, Pettschaften, Ketten
u. dergl. m., alles, was sich in den Kö-
uigsgräbern von Krakau vorgefunden
hatte, gesammelt. Pulawy hat nach der
Hand auf höhern Befehl aufgehört, die
dort gesammelten Alterthümer wurden
nach Petersburg gebracht und das Schloß
selbst wurde in ein Mädchen - Pensionat
verwandelt. Doch besteht von den durch
die Fürstin gesammelten Kostbarkeiten ein
von ihr selbst verfaßter „ OktkioSUk 1-2.1-
ne", worin
sie in französischer Sprache
die Umstände erzählt, unter denen sie wäh-
rend ihrer mannigfaltigen Reisen durch
Europa diesen oder jenen Gegenstand
acquirirte und vielc Anecdoten und Be-
'chreibuugen von Personen, mit denen sie
zusammenkam, hinzufügte. Dieses inte-
ressante Manuscript befindet sich im Be-
sitze der Familie. 50 Jahre hatte die
Fürstin unter so wohlthätigen, das Wohl
ihrer Landlente so erfolgreich fördernden
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Band 3
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Coremans-Eger
- Band
- 3
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1858
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 456
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon