Seite - 101 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Coremans-Eger, Band 3
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Czernw von Chudenitz, Johann
Rndolph Graf (Ritter des goldenen Vlie-
ßes, geb. zu Wien 9. Juni 1757, gest.
ebenda 23. AprilW45). Entstammt einer
alten berühmten Familie (siehe in den
Quellen die Genealogie), in der einzelne
Glieder in der Geschichte und in den
Wissenschaften hervorragen. Johann
Rudolph studirte auf der Hochschule zu
Salzburg, unter der Aufsicht seines
Oheims mütterlicher Seite, des regieren
den Fürsterzbischofs Hieronymus Collo
redo, die Rechtswissenschaften. Zugleich
machte er Kunstftudien und bildete seineu
Geschmack für Künste, in welcher Richtung
der Graf fein ganzes Leben hindurch so
erfolgreich thätig gewesen. Mit besonde-
rer Vorliebe studirte er Musik u. Poesie,
und brachte es in ersterer zur Virtuosität.
— 1781 vermalte er sich mit Thcrese
Gräsin von Schönborn-H eussen-
stam m. Eine Reise durch Italien, die
Schweiz, Frankreich, einen großen Theil
von Deutschland, Belgien, die Nieder-
lande und England blieb nicht ohne Ein-
fluß auf den übrigeus schon geläuterten
Geschmack des Grafen. Nach dem Tode
seines Vaters, des Grafen Prokop, trat
Graf Ioh. Rudolph ein ansehnliches,
aber im zerrütteten Zustande befindliches
Erbe an. Zweckmäßige Verwaltung der
Güter und musterhafte Ordnung im ei-
genen Haushalte vermehrten allmälig
feine Einkünfte und bald zählten die vor-
dem halb verödeten Schlösser zu Schön-
hof und Gestütthof zu den vorzüglich-
stenEdelsitzen in Böhmen, und war ersteres
besonders berühmt durch die großartigen
Gartenanlagen. Auf seinen Reisen, vor-
züglich aber während seines Aufenthaltes
in England, hatte der Graf eine bedeu-
tende Anzahl vorzüglicher Kupferstiche
gesammelt, womit er einen Saal und
mehrere Gemächer des Schlosses von
Schönhof schmückte. Auch richtete er sei-
nen Kennerblick auf die Meisterwerke der Malerkunst, und es gelang ihm in dem
kurzen Zeitraume von 20 Jahren eine
Gemäldesammlung zu Stande zubringen,
welche zu den ersten des österr. Kaiser-
staates zählt (siehe unten die Quellen).
Seine anerkannte Kennerschaft und Vor-
liebe für a lle Zweige der bildenden Kunst
veranlaßte 1823 seine Ernennung zum
Präsidenten der kais. Akademie der bilden-
den Küuste, welche er bis gegen Ende
1827 bekleidete. Im 1.1824 ernannte
ihn der Kaiser Franz zum Oberstkäm-
merer und 1828 zugleich zum Stellver-
treter des ersten Obersthofmeistcrs, von
welchem Posten er jedoch auf sein Ansu-
chen den 13. Jänner 1834 wieder ent-
oben wurde. In der humanistischen und
höhere geistige Zwecke fördernden Richtung
entwickelte der Graf eine großartige Thä-
tigkeit ; er war theils Begründer, theils
thätiger Beförderer und Mitglied der
meisten vaterländischen Bildungsaustalten
und Wohlthätigkeits - Institute, z.B. der
ständischen Malerschule, des polytechui-
'cheu Institutes, des Conservatoriums der
Musik und des Nationalmuseums in Prag,
der Gesellschaft der Musikfreunde, des
Vereins zur Unterstützung verschämter
Armen (wovon er das Protectorat über-
nommen hatte), des Kircheumnsikvereins
vonSt.Anna inWien u.s.w. Unter ihm, als
Chef des Oberstkämmerer-Amtes, standen
das k. k. Naturalien-Cabinet, die Kuust-
ammlungen des Hofes, die Gemälde-
gallerie, die Schloßhauptmannschaft, die
k. k. Kammerkünstler und die k. k. Hof-
Heater. Der musterhafte Zustand der k. k.
Bildergallerie, die geschmackvolle Umstal-
tung des botanischen Gartens zu Schön-
runn und die Kunsthöhe, welche das k.k.
Hofburgtheater unter seiner und des
Dramaturgen Schreivogel Leitung er-
reicht hatte, sind glänzende Belege seines
Kunstsinnes und seiner energischen Thä-
tigkeit. Auch als Patriot gab C. hochsin-
nige Proben. Bei dcn zwei böhmischen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Band 3
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Coremans-Eger
- Band
- 3
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1858
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 456
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon