Seite - 219 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Coremans-Eger, Band 3
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Prinz De Ligne bewohnte und worauf die
auf seinen Namen anspielende Devise stand:
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rscta.
IV. Te Ligne's Charakteristik. Trefflich charakte-
risirt ihn folgende Stizze: „Jedem Unglückli-
chen verwandt, war sein Haus eine Freistätte
der gebeugten Menschheit, wie es sich der
geselligen Freude öffnete. I n einer langen
Reihe von Jahren hat er, ein Mann von
angenehmer Persönlichkeit, ein Muster fran-
zösischer Feinheit und Grazie, mit ausgezeich-
netem Erfolge über das gesellschaftliche Leben
geherrscht. Eine Existenz, wie die seine, war
eine ganz eigene Erscheinung, die von dem
nicht begriffen werden kann, der nicht Zeuge
davon war. Durch seine vielen Verbindungen
in allen Theilen des cultivirten Europa's,
noch mehr durch feine witzigen Worte, die oft
mit unglaublicher Schnelligkeit in den ent-
ferntesten Ländern wiederholt wurden, war
er nicht sowohl das Eigenthum einer Familie,
eines Kreises von Freunden, einer Stadt, als
er dem ganzen gebildeten Geschlechte seiner
Zeit angehörte und dennoch — von der Fa-
milie, von den Freunden, von der Stadt, in
der er lebte, wurde er geliebt, als wäre er
einzig für sie Alle gewesen. Mit der uner-
schöpflichen Anmuth seines Umganges erfreute
er, was in seiner Nähe lebte. Indem er die
Gegenwart mit der Heiterkeit seines Humors,
und mit der Fülle seines Herzens liebend
umfaßte und erwärmte, fühlte man es mit
Rührung — er war der Wiederhall einer
schon verklungenen Zeit. Sein Charakter, wie
er hier geschildert ist, spricht sich auch in seinen
Schriften aus, die überdies noch unaussprech-
lich interessiren durch Reichthum an Kennt-
nissen und originellen Ansichten, durch uner-
schöpflichen Witz, durch geistvolle Darstellung
und durch einen vollendeten Styl."
V. Porträte. 1) Unterschrift: Carl Fürst v. Ligne,
t. k. General - Feldmarsch all (Prag), L. von
Rittersberg lith. lstellt den Prinzen in vollem
Mannesalter dar); auch bei Ri t tersbergs
„Biographien." — 2) I n der Originalausgabe
von des Grafen De la Garde: «l'Zts« et
Zonvenir« äu. conßrs5 äs Vislins" befindet
sich als Titelbild des I I . Bandes ein meister-
haft gestochenes und sehr ähnliches Porträt
des Prinzen.
VI. Genealogie. Die De Ligne sind ein altes
belgisches Geschlecht, das seinen Stammsitz
im Hennegau hat. Herbrand, ein Nach-
komme der souveränen Grafen von Elsaß,
kam um das Jahr 1090 nach dem Hennegau,
heiratete Hermingarde, die Schwester des
Dietrich von Leuce und nahm nach dem Zeichen des Wappens den Namen De Ligne
an. Anton De Ligne erhielt 1Z13 durch ein
Patent des Königs Heinrich VIII . die
Würde eines Fürsten von Mortagne,
welche Kaiser Kar l V. später bestätigte.
Kaiser Rudolph II. erhob mittelst Bulle
vom 20. März 1601 den Grafen Lamoral
DeLigne Fürsten von Epinay zum Für-
sten des römischen Reiches für sich und seine
Nachkommen. Durch die Vermälung des Flo-
renz De Ligne mit Louise v. Lothr ingen
im I . 1608 kamen das Fürstenthmn Amblise
und andere beträchtliche Besitzungen des
lothringischen Hauses an die Familie. lUeber
die Familie vergleiche: /^ascalet IF Rotics
1844, 8°.). — Ueber einzelne Familienglieder,
u. z. Albert Heinrich Prinz De Ligne:
0"" OrkisoQ tuuodrs sur 1s tröria.« äs trs5-
kaut et pui8sant seiFusul msssirs ^.(Ibsit)
H(suri) priuos äs KjFiis xrouoncs ä Vel-
OVil (von»; 1624, 4°.); — über Kar l Jo-
seph Prokop Prinz De Ligne: Morgenblatt
für gebildete Stände (Stuttgart, 4°.) 1816,
Nr. 157 u. 168: „Karl Joseph Prokop?rweo
6s I,iFu6 Nlg.i'Huig ä'^ronokss, erster Por-
tugiesischer Gesandter in Wien" (1695). sEr
war mit Mariana de Soisa, der Schwester
des Erzbischofs von Portugal und der letzten
Erbin ihres Hauses, die ihm ein unermeßli-
ches Vermögen mitgebracht, vermalt. Er
machte sich durch seinen Aufwand, der einzig
in seiner Art war, berühmt, aber die Ermor-
dung des Grafen Ferdinand Leopold von
Hal lawei l , deren man den Prinzen be-
schuldigte, bildet eine denkwürdige Episode
in der Geschichte Wiens.) — Der gegenwär-
tige Stand der Familie ist: Fürst Lamoral
De Ligne (geb. 28. Jänner 1804), Prinz von
Amblise und Epinay, Grand von Spanien
1. Cl., k. k. Kämmerer, Präsident des Senats
von Belgien. (Sohn des Fürsten Ludwig
Lamoral (gest. 10. Mai 1813) und Enkel
des FM. Fürsten Kar l Joseph, dessen
Biographie wir gegeben.) Bei der Trennung
Belgiens von Holland — damals zählte der
Prinz 26 Jahre — wurde ihm die Krone
Belgiens angeboten; der Fürst lehnte diesen
Antrag mit der berühmten Antwort ab: „Ich
kann den Thron Belgiens nicht besteigen,
weil ich schon Kammerherr Sr. Majestät des
Kaisers von Oesterreich bin." Im Jahre 1838
wohnte er als belgischer Gesandter der Krö-
nung der Königin V ic to r ia von England
bei, und ging später als bevollmächtigter
Minister des Königs Leopold nach dem Haag
lBergleiche auchOettingers n^us« (Ham-
burg, 4°.) I I . Jahrg. 23. Juli 1838: „Der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Band 3
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Coremans-Eger
- Band
- 3
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1858
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 456
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon