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Amtshauptmann und wurde von der
kaiserl. Kanzlei in den Adelstand erhoben.
Der Druck der mit diesem Amte verbnn
denen Geschäfte lag nicht allzusehr auf
seineu Schultern, vielmehr bestand seine
Hauptaufgabe darin, den bei Friedrich
II. in Ungnade gefallenen Fürstbischof zu
erheitern, die Capelle und das Theater
zu leiten, Geige zu spielen und zn conr
poniren. Er hatte 2700 fl. Gehalt, und
durch seine Compositionen, sowie seine
Kunstreisen stieg dies Einkommen noch
um ein Bedeutendes. Bei seiner Anwe-
senheit in Wien (1736) gewann er sich
die warme Theilnahme Josephs II.,
welcher mit dem launigen Künstler sich
gern unterhielt. In Wien empfing auch
D. von dem Schauspieler Step h an i dem
Jüngern die erste Anregung zur deut-
schen komischen Oper. Er erhielt von
diesem den Text zum „Doctor und Apo-
theker" und componirte ihn für ein Ho-
norar von 100 Ducaten. Außer dieser
Oper componirte er in einem Zeitraume
von 7 Monaten noch zwei deutsche: „Ve-
trug linrch Aberglauben" und „Nie M>kr im
UarreichanZr". Während dieser Epoche er-
zählt D.: „stoppelte ich nebst den drei
deutschen in Wien aufgeführten noch meh-
rere Opern zusammen, wovon viele
sammtjeueu auf so maucherBühneDcutsch-
lauds gegeben werden". Die Leichtigkeit,
mit der er componirte, war überhaupt
unglaublich, und er konnte nicht begrei-
fen, das es Menschen gebe, die zu einer
Oper sechs Monate brauchten, da er wäh^
rend dieser Zeit wenigstens mit dreien zu
Staude kam. Von seiner Fruchtbarkeit
zeugeu seine (weiter nnten angegebenen)
Werke. Der letzte Lichtblick in dem
Leben des alternden Meisters war
eine Rcise nach Berlin, wohin er sich
auf die Einladung Friedrich Wil-
helms II., eines seiner eifrigsten Be-
wunderer, 1788 begab, nm eine Auffüh-
rung des „Doclor und Apotheker" in Charlottenburg zu leiten. Der Köuig
fragte ihu, woher er alle die neuen Ge-
danken zu dieser launigen Musik genom-
men habe, und die Autwort D.'s: „wenn
ich so glücklich bin, bisweilen welche zu
haben, so kommen sie
von selber; wenn
man sie erst mühsam suchen muß, so hat
man verloren Spiel" ist sehr bezeichnend
für die Art seines Schaffens. Ditters«
dorf fand hier natürlich die zuvorkom-
mendste Aufnahme und die Freundschaft
Neichhardts, der ihm bei der glänzen-
den Aufführung des Oratoriums Hiob
im Opernhause auf das redlichste zur
Hand ging. Dies Concert trug bare
4750 fl. ein. Die letzte Lebensperiode
des Meisters, dessen Töne so viele Men<
schcn froh gemacht hatten, war eine un-
unterbrochene Kette der härtesten Leiden
und Entbehrungen. Verleumdet, fiel er
zuerst in Ungadc bei seinem Herrn, und
zudem warf ihn 1794ein zurückgetretenes
Podagra auf das Krankenlager, von wel-
chem er bis zu seinem Tode, dem er im
Alter von 60Iahren erlag, sich
nicht wieder
erhob. Eine echte Künstlernatur, hatte
er es uie verstanden, das erworbene
Geld in seiner Hand zurückzuhalten,
nnd als er nach dcm Tode des Fürst-
bischofs (17i)5) mit 500 fl. penstonirt
wurde, hätte er ohue die edelmüthige
Unterstützung des Baron Ignaz von
Sti l l fr ied, der ihn auf seine Herrschast
Noth-Lhotta bei Neuhaus in Böhmen auf«
nahm, im eigentlichen Sinne des Wortes
mit seiner Familie: einer Frau, zwei
Söhnen und einer Tochter hungern müs-
sen. Dennoch benutzte er hier jeden freien
Augenblick, den er seinen Schmerzen ab-
gewann, von dem Hauche des Todes schon
angeweht, die Freuden des Lebens zn
singen und ein Glück zn schildern, das
von iym längst geflohen. Eine große
Anzahl komischer Opern fällt iu diesen
letzten Zeitraum. — Außer seiner von
Spazier herausgegebenen Eelbstbio-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Band 3
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Coremans-Eger
- Band
- 3
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1858
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 456
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon