Seite - 402 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Coremans-Eger, Band 3
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Krankheit, in die er verfiel, genesen, kehrte
aber sein Sinn mit ungeschwächter Kraft
der Wissenschaft
sich
zu. 1713 nahm ihn
der Herzog mit sich nach Paris, dann
nach Belgien und Holland, von welcher
Neise der Prinz und sein Schützling Ende
1719 zurückkehrten. Bei seiner Rückkehr
ward Duval zum Ober-Bibliothekar
und Professor der Weltgeschichte an der
Luneviller Hochschule ernannt. Ai
erhielt er den Auftrag, die Lecture der
Prinzessin Elisabeth Therese, nach
maligenGemalin des Königs KarlEma
nuel von Sardinien, zu leiten. Dieses
Dienstes entledigte
sich D., ohne je das
Gemach der Prinzessin zu betreten. Er
legte die Bücher stets vor ihr Fenster
und wechselte sie aus, sobald ihm das
Zeichen wurde, daß er neue bringen
solle. Scine^orträge erfreuten
sich
zahlrei-
chen Besuchs, besonders von Engländern.
Chattam u.P itt, die zwei großen engl.
Staatsmänner, warenD.'s Schüler. Diese
Stellung und seine Sparsamkeit setzten D.
bald in die Lage, seinen alten Freunden,
den Einsiedlern von St. Anna sich dankbar
für das Gute, das
sie ihm erwiesen hatten,
zu bezeigen. Er erbaute ihnen für sein
Geld ein bequemes Wohnhaus, eine schöne
Kapelle, legte ihnen einen reichen Küchen-
garten und eine auserlesene Baumschule
an, ohne ihnen eine andere Verpflich-
tung aufzuerlegen, als der Nachbarschaft
jede verlangte Art von Zuchtbäumchen
unentgeltlich abzugeben. Als (1735) die
Abtretung von Lothringen und Bar in
den lebenslänglichen Besitz des abdienten
Polenkönigs Stanisl. Lescynski Statt
fand, wollte König Stanisl. den Gelehrten
in seinen Diensten behalten, aber D. folgte
dem Herzog Franz nach Florenz, und
dann (1743) nach Wien, wo ihn sein
Mäcen, der mittlerweile Kaiser geworden,
liebreich empfing, ihn vorerst eine Neise
nach Unteritalien unternehmen ließ und
1748 zum Director des kaiserl. Münz- Cabinetes ernannte. D. erhielt seine
Wohnung in der Burg in der Nähe der
Gemächer des Kaisers, der ein großer
Münzenfreund war und sich mit D. gern
unterhielt. Im I . 1752 besuchte D. Pa-
ris, trat dort mit den ersten Gelehrten
Frankreichs in Verbindung, dann ging er
in seinen Geburtsort Artonay und ließ
dort an der Stelle der ärmlichen väterli-
chen Hütte ein schönes Schulhaus auffüh-
ren, welches er der Gemeinde schenkte.
Den Einsiedlern am Fuße der Bogesen
führte er auch einen schönen Bau auf
und erfreute die Nachbardörfer, indem
er ihnen Brunnen graben, Baumschulen
anlegeu und verbessertes Ackergeräthe
unter sie vertheilen ließ. D. lebte ganz
seiner Wissenschaft. Seine Lebensbeschrei-
bung ist eine Quelle der Belehrung und
ein Beweis, wie
sich
Fleiß und Ausdauer
durch unsägliche Hindernisse emporzuar-
beiten vermögen. Sein Leben ist reich an
interessanten Momenten. D. wohnte seit
Jahren in der Burg in unmittelbarer Nähe
der kaif. Familie, ohne Jemanden zu ken»
nen. Als er einst mit dem römischen Kö-
nig Joseph sprach, gingen fünf junge
Damen mit ihren Begleiterinnen vor-
über. Duval bemerkte
sie nicht. „Kann-
ten Sie dieDamen nicht, Duval?" fragte
Joseph den Gelehrten; — Mein Gott
nein, ich kenneNiemauden", erwiederte er.
— „Es waren meine Schwestern", sagte
Joseph, „sie siud freilich noch keine An-
tiken". Als Beitrag zu seiner Charak-
teristik diene der Grundsatz, den er auch
befolgte: „Es ist besser zehnmal einem
Unwürdigen zu geben, als eine einzige
Gelegenheit zu versäumen, einem Wür-
digen Gutes zu thun". — Als er einst
dem Kaiser auf eine Frage freimüthig
geantwortet, bemerkte ihm sein Freund
Abbs Marcy: „WissenSie wohl, daß Sie
eben dem Kaiser eine große Wahrheit
gesagt haben?" — „Desto besser, er mag
sie zuHerzen nehmen", entgegnete Duval.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Band 3
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Coremans-Eger
- Band
- 3
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1858
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 456
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon