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ten Lolli gehört. Diesen im Allegro zu
erreichen, war sein eifrigstes Streben.
Nun bereiste er Deutschland, jene Städte,
wo tüchtige Virtuosen seines Instrumen-
tes waren, deren Vorzüge er sich
zn eigen
machte. In Straßburg nahm er sogar
bei Lolli's Lehrer Franz Stade, der
damals im Adagio unerreicht war, Unter-
richt und kam meisterhaft ausgebildet
nach Prag zurück, wo sein Ruf als Vir-
tuos so stieg, daß er 1778 den Antrag
als erster Violin-Concertmeifter der her-
zoglich gothaifchen Capelle erhielt, ihn
annahm und als solcher bis an seinen
Tod wirkte. Zu gleicher Zeit beschäftigte
er
sich mit Verfertigung neuer von ihm
erfundener zweckmäßigerer Violinen, wo-
von 1800 eine Partie verkauft wurde.
Von seinen Compositionen, die sehr zahl-
reich sind, erschien nur ein „Z^-^?- Oon-
und ^.mstoräkin, dei
im Drucke. Außerdem schrieb
er ein „Aehrbnch für alle Diolinöpieler", dessen
erster Theil vom Bau der Violine, den
Fehlern derselben, der zweite Theil aber
von der Anweisung im Spiele handelte.
Der Tod nuterbrach die Drucklegung
einer Arbeit, welche Beobachtungen und
Regeln enthalten mochte, wie vor dem
kein anderes Werk über diesen Gegenstand.
Sein Aufsatz in der Leipziger Musik-Zei-
tuug VII. Jahrg. Nr. 4 „Gwas über den
Nllu der Geige", läßt die Tüchtigkeit der
Arbeit dieses ausgezeichneten ungewöhn-
lichen Künstlers ahnen.
Gerber (Ernst Ludwig), Histor.-biographisches
Lexikon der Tonkünftler (Leipzig 1790, Breit-
topf, gr. 8°.) I. Bd. Sp. 384. — Derselbe,
Neues histor.-biogr. Lexiken der Tonkünftler
(Ebenda 1812, Kühnel, gr. 8».) II. Bd. Sp. 48.
— Mensel ( I . G.), Künstler-Lexikon vom
Jahre 1808. I. Bd. S. 216. — Dlabacz
(Gottfried Ioh.), Allg. historisches Künstler-
Lexiton für Böhmen . . . (Prag 181S, 4°.)
I. Bd. Sp. 369. — Riegg er, Statistik von
Böhmen. VII. Hft. S. 164.
Ernst, Heinrich Wilhelm (Violin-
Virtuose, geb. zu Brunn 1814). Stammt von nicht sehr bemittelten israe-
litischen Eltern. Im 9. Jahre erhielt er
Unterricht in der Violine und zeigte ein
so glänzendes Talent, daß er sich nach
anderthalb Jahren öffentlich hören lassen
konnte. 1825 kam er nach Wien und in's
Conservatorium, wo er unter der Leitung
des tüchtigen Ios. Böhm(s.d.II.Bd.S.20)
glänzende Fortschrittc machte. Als E. 1328
P aganini hörte, erwachte feinGenius für
die Kunst, die er trieb, ganz, noch mehr, als
er selbst den Beifall des Geigenfürsteu von
Genua erntete. Im April 1823 — 16
Jahre alt — trat er seine erste Kunst-
reise an und ging nach München, von
dort nach Paris; als aber Paganini
daselbst alle Aufmerksamkeit in Anspruch
nahm, nach Deutschland zurück, wo er an-
fänglich einer trüben Melancholie verfiel,
sich aber bald aufraffte und nun in meh»
reren Städten concertirte. 1831 kehrte
er wieder nach Paris zurück, bildete sich
drei Jahre im Spiele aus und trat erst
1834 öffentlich aber mit so glänzendem
Erfolge auf, daß aus jener Zeit sein
Knnstlerruf datirt. Nun bereiste erFrank-
reich, ging nach Marseille, wo
sich
Paga-
nini aufhielt und wendete die sonder-
barsten Mittel an, um die Methode die-
ses Meisters zu erlauschen, der eifersüch-
tig auf seine Kunst, nie vor Ernst spielte,
desfenGedächtniß aber so ausgezeichnet war,
daß er ein Stück Paganin i's, das er ein-
mal gehört, ohne Noten nachzuspielen im
Stande war. 1838 u.39 bereiste erHolland
und gab daselbst über 200 Concerte mit
beispiellosem Erfolge. Nach zehnjähriger
Abwesenheit trat er 1839 in Wien auf,
wo er über 30 Concerte gab und allge«
meine Bewunderung erregte. Kritik und
Publicum waren über Ernst als Heros
der Violine, wie über Liszt als Heros
des Piano's einstimmig. Man nannte E.
den „ersten Sänger auf der Geige". Nun
bereiste er die übrigen Provinzen der
Monarchie und improvisnte in Pesth die
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Egervári-Füchs, Band 4
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Egervári-Füchs
- Band
- 4
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1858
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 422
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon