Seite - 138 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Füger-Gsellhofer, Band 5
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geschehen war. Er stand im Zenith sei-
nes Wirkens dem König, der Königin,
Lombard, Lucchesini und jenen
Männern gegenüber, denen er vordem
in den preußischen Salons gegenüber«
gestanden; ohne Oesterreich zn compro«
mitliren, half er Preußen die Wider-
sprüche seiner Politik möglichst verdecken
und brachte Opfer der seltensten Art.
Den Winter 180V? lebteer, von Na-
poleon mit dem Bann belegt, in Prag,
bis Stadionund der Erzherzog Karl
Oesterreich aus seiner Ohnmacht auf-
zurufen beschlossen. Stadion berief nun
G. nach Wien (1308), der wieder in sei-
ner Art thätig war; das berühmte Kriegs-
manifest des Erzh. Karl vom 15. April
1809 in der Wieuer Zeitung stoß aus
G.'s Feder. Die finanzielle Zerrüttung
Oesterreichs blieb nicht ohne Rückschlag
auf ihn selbst, der dadurch in bisher un-
gekannte Nöthen gerathen war, bis er in
dem Fürsten Meitern ich jenen Mann
gefunden, mit dem er von dem Augen-
blicke, als ihm der Muth und die Frische
zu einer selbständigeren Wirksamkeit ge-
brochen war, derZukunftmehrbefchauends
als selbstthätig entgegenging; denn die
Autorschaft jenes mit seinem Namen er-
schienenen Aufrufs im I . 1813: „Zln die
deutschen bürsten", worin der Autor den
Kaiser Alerauderals Liberator Deutsch-
lands aufruft und desseu Freundschaft der
Protectorschaft Napoleous entgegen-
hält, wird bezweifelt. Mit dem Congresse
in Wien beginnt aber seine alte Thätig-
keit, denn die Bevollmächtigten der vier
Mächte hatten ihm einstimmig die Pro-
tocollsführung ihrer vertraulichen Con-
ferenzen übertragen, und G. war in die-
sem Congresse wirklich einer der wenigen
emsig Arbeitenden und wahrha ft Beschäf-
tigten. Später als Napoleon von Elba
zurückgekehrt (März 1815), war G. in
Paris thätig und legte von dieser Zeit
an der Panegyrist der Diplomatie, die Lanze gegen die Herausgeber des rheini-
schen Merkur ein; mit seinem Artikel
gegen Görres bezeichnet G. die Poli-
tische und literarische Stellung, die er für
den Nest seines Lebens einnahm, nämlich
als „Verfechter der Restaurations-Ten-
denzen und als Bekämpfer des Libera-
lismus". Seine Thätigkeit seit dieser
Zeit besteht in Folgendem: Auf seinen
Rath wurden 1818 unter Leitung des
Fürsten Metternich die Wiener Jahr-
bücher begründet. Die Censur hatte er
energisch befürwortet und wie er dieses
Amt gehandhabt wünschte, hatte er in den
Ceusurnoten zuSchuellers „Geschichte
vcn Oesterreich" angedeutet. Preßfreiheit
und Preßanarchie erklärte er sür iden-
tische Begriffe und als es sich darum han-
delt , ob Preßfreiheit durch Polizei- oder
Strafgesetze zu beschränken sei, läßt er
die Frage offen, sich jedoch offenbar zu
ersteren hinneigend. In den Karlsbader
Couferenzeu, hervorgerufen durch die
Demagogen - Umtriebe in Deutschland,
welche wieder eine Folge der Reactions-
gelüste der Regierungen waren, fungirte
G. neben Baron v. Pl essen als Proto-
collsführer und war angelegenlich be-
müht, alle Bundesstaaten auf das gleiche
Niveau eines möglichst raffiuirten Poli-
zeir6gimes zurückzubringen; die im 13.
Artikel derBundesacte verheißenen „land-
ständischen Verfassungen" negirt er als
„Repräsentativ - Verfassungen", welche
letzteren er als die Frucht der Gewalt
oder Willkür erkärt. Auf den Congressen
von Troppau, Laibach uud Verona war
G. der Begleiter des Fürsten Metter-
nich. In Troppau schrieb er das Mani-
fest, welches den Entschluß der vereinig-
ten Machte ankündigte: „Europa von
dem militärischen Despotismus eines
einzelnen aus der Revolution hervor-
gegangenen Menschen zu befreien"; in
Laibach schrieb er jenen humorvollen Be-
richt über die neapolitanische Revolution
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Füger-Gsellhofer, Band 5
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Füger-Gsellhofer
- Band
- 5
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1859
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon