Seite - 51 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Guadagni-Habsburg, Band 6
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Guyon Guyon
und lebte zurückgezogen auf einem kleinen
Edelhofe. Später pachtete er das Came»
ralgut Csata unweit Gran und war in
den aristokratischen Kreisen als tollkühner
Reiter und Sports mann ersten Ranges
bekannt. Die Märzbewegung des Jahres
4848 und das Anrücken des Banus riß
ihn aus seiner ländlichen Beschäftigung,
und er trat in die Reihen der ungarischen
Revolutions-Armee. Erst bei Tyrnau
(23. Dec. 1848) taucht sein Name auf.
General Simunich rückte gegen die
Stadt an, welche gar keine Vertheidi»
gungsanstalten getroffen hatte, bis
Guyon einzog, Barrikaden errichtete,
worauf stch ein mörderischer Kampf ent-
spann, der mit G.'s Rückzug endigte,
nachdem er den dritten Theil seine Leute
verloren. In der Schwechater Affaire
führte G., die Tricolore in der Hand,
sein Regiment zum Sturm auf Manns«
wörth. Bei Komorn (20. April 1849)
führte G. das Wagestück aus, mit einem
Haufen Huszaren durch das Belage»
rungscorps in die hartbedrängte Festung
zu dringen, und der Besaßung Nachricht
von Göcgei's Anmarsch zu bringen.
Einige Tage später, als sich nämlich am
26. April zwischen den Kaiserlichen und
den llngarn der Kampf bei Acs entspann,
machte G., an der Spitze von 4 Batail»
lons, einen Ausfall aus Komorn und
trug wesentlich dazu bei, daß die Kaiser»
lichen die Fortsetzung des Gefechtes ab-
brachen. G. rückte nun zum General vor
und begab
stch
nach P ercze l'S Abberu-
fung von der Südarmee an die Grenze
der Bacska. Dort behauptete er in dem
mörderischen Treffen bei Hegyes (13. auf
den 14. Juli) seine Position, warf Vor-
räthe und Munition in die Festung Peter»
wardein und hauste, wie seine Gegner
erzählen, mörderisch unter den Raizen der
dortigen Gegend. Beim Angriffe, den er am 24. Juli auf Mosorin wagte, wurde
er von dem Serbengeneral Kniöanin
zurückgeworfen. Bei Szörög vereinigte
G. sein Corps mit denen von Mesza«
ros, Dembinski und Desewffy,
disponirte später auf Kossuth's Rath
die italienische und polnische Legion nach
Orsova, wodurch er Kossuth's und
seiner Anhänger Flucht auf türkischen
Boden deckte. Er selbst suchte Zuflucht
auf türkischem Gebiete und fand, ohne
zum Islam übertreten zu müffen, glän«
zende Aufnahme in der türkischen Armee,
in welcher er den Namen Kurschid
Pascha annahm. Als türkischer General
commandirte er einige Jahre in Damas»
kus, dann in Aleppo, wo er 1830 den
Aufstand der alttürkischen Partei gegen
die Pforte unterdrückte. Zuletzt wurde er
zum Chef des Generalstabes bei der Armee
des Kaukasus ernannt. An seiner Seite
kämpften mehrere ungarische und pol»
nische Ofsiciere, deren einige den Islam
angenommen hatten: Guyon's Schwa»
ger Splenyi (Haider Ali Pascha),
der polnische Oberst Bystrzanowski
(Aslon Pascha), Graf Branicki,
Stein, Kmety (Ismail Pascha)
u. A. Doch dieser Haufen ungarischer
und polnischer Flüchtlinge war mehr
geeignet, die Verwirrung zu erhöhen, als
der Sache, um die es sich handelte, zu
nützen. G.'s herrisches Benehmen machte
ihn überdieß unbeliebt, er wurde ab»
berufen und durch den englischen Oberst
Williams ersetzt. Guyon, ein Mann
der That, aber nichts weniger als ein
Feldherrntalent, zeichnete sich nur durch
persönliche Kühnheit aus, mit welcher er
eine wahrhaft englische Kaltblütigkeit
verband. In der Türkei traten seinem
Wirken zwei wesentliche Hindernisse ent-
gegen, er war Ausländer und Christ,
welch' letzterer Umstand die Eifersucht der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Guadagni-Habsburg, Band 6
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Guadagni-Habsburg
- Band
- 6
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 502
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon