Seite - 64 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Guadagni-Habsburg, Band 6
Bild der Seite - 64 -
Text der Seite - 64 -
Gywwch
Revolution ausgebrochen war und ihm,
als er in Marseille landete, eine Cocarde
als Reisepaß diente. Es war Juli 4789.
G. war damals 26 Jahre alt. Ueber
Lyon, wo er in einem Musikladen seine
Compositionen hoch rühmen hörte, die
ohne sein Wissen nach Paris geschickt und
dort gestochen worden waren, reiste er
nach Paris, wo er, als er sich
als Com«
positeur Gyrowetz zu erkennen gab, im
Hause des Verlegers Imbeault die
gastlichste Aufnahme fand und die ehren-
vollsten Anträge zu Compositionen erhielt,
welche er auch — darauf angewiesen —
annahm. Daselbst erfuhr er auch, daß
ein Lieblingsftück der Pariser, welches
in allen Theatern und Concerten als
Haydn's Compofition gespielt wurde,
sein eigenes Werk war. Ein Virtuos
Namens Tost hatte sie mit 2 anderen
Symphonien als Haydn's Werke ver-
kauft. In den Wirren der Revolution,
unbekümmert um die politischen Greuel
jener Zeit, lebte G. in Paris der Musik
und Komposition und verließ es erst
gegen Ende des Jahres 4789, um nach
London zu reisen. Tort traf er mit einem
Bekannten aus Rom zusammen, nämlich
mit dem Künstler Iarnovichi, der ihn
sofort dem Prinzen von Wallis, dama^
ligen Kronprinzen, vorstellte. Wie überall
so auch da fand G. die ehrenvollste Auf.
nähme. Der Herzog von Cumb erland,
ein großer Musikfreund, wurde sein
Gönner; er lernte H aydn, und bei ihm
die größten Musiker seiner Zeit, Dussek,
Cramer, Ianovich, Grosdell.
Clementi u. A. kennen und war er es,
welcher Haydn — der zwar durch seine
Compositionen in England schon populär
war, als er aber in Person erschien,
durch sein bereits vorgerücktes Alter, da
man ihn für bedeutend jünger gehalten,
den englischen Enthusiasmus abkühlte — jene ausgezeichnete Aufnahme erwirkte,
die er verdiente. Auch in London, wie
früher in Paris, componirte G. steißig
und erhielt den Auftrag, für das neu zu
erbauende Odeon eine italienische Oper
über den Tert „86rairg.iui3" zu componi-
ren. Der Brand des neuen Theaters, in
welchem sich die Partitur der Oper be«
fand, die bereits einstudirt war, vernich«
tete dieses Tonwerk. Kränklichkeit machte
in ihm nun die Sehnsucht noch lebhafter,
die Heimat, die er feit 7 Jahren nicht ge«
sehen, zu besuchen. Auf Umwegen, veran-
laßt durch die Kriegswirren jener Zeit,
gelangte er über Brüssel, wo er Napo-
leon, der damals noch Capitän war.
kennen lernte, und über Paris, da er von
Belgien aus die deutsche Grenze nicht
überschreiten konnte, nach Deutschland;
ging nach Berlin, wo er Reichard,
Righini, Dupont kennen lernte, von
da nach Dresden, wo er mit Capellmei-
sterNaumann bekannt wurde, und end«
lich über Prag, von wo er auf einige
Zeit seinen Geburtsort Budweis besuchte,
nach Wien (11. März 1793). In Wien
trieb er nun ausschließlich Musik; seine
Compositionen, die sehr beliebt waren,
wurden bei Artaria, Mollo, Has«
linger und Mecherti verlegt. Die
musikliebende Aristokratie schenkte dem ge«
nialen Künstler ihre Huld, und so kam
es, daß Graf S ickingen, der an ihm
Gefallen fand, ihm antrug, in sein Ge«
sandtschastspersonal einzutreten, als er
zum außerordentlichen Gesandten bei der
k. k. Hauptarmee ernannt worden. G.
trat als Concipist ein, folgte dem Gra»
fen, als dieser die Bestimmung nach
München erhielt, dahin und von da
nach Schwetzingen. Als aber die 3au<
nen des Grafen nachgerade schwer zu
ertragen waren, verließ ihn G. und kehrte
nach Wien zurück, wo er sich mit der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Guadagni-Habsburg, Band 6
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Guadagni-Habsburg
- Band
- 6
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 502
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon