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Gyroweh Gyrometz
Composition beschäftigte, und der Unter«
bringung im Staatsdienst entgegensah.
I n dieser Zwischenzeit trug ihm Baron
Braun, welcher damals Director der
k. k. Hoftheater war, die Kapellmeisters«
stelle in denselben an. G. nahm
sie an,
mit sehr vortheilhaften Bedingungen, de-
ren eine lautete: nach zehnjährigerDienst»
leistung sollte er einen lebenslänglichen
Gehalt von 2000 st. C. M. erhalten.
Als die zehn Jahre vorüber waren, sollte
die Bedingung erfüllt werden, aber man
vertröstete ihn auf eine spätere Zeit, wenn
die Theatercaffe minder erschöpft sein
würde. Im Vertrag war die Erschöpfung
dieser Caffe nicht als Motiv der Nicht-
erfüllung obiger Bedingung bezeichnet
worden. Der obige Zeitpunct schien nie
eingetreten zu sein, denn nach 23jähriger
Dienstzeit wurde G. — mit 300 fl. —
penfionirt, war also auf die schmerzlichste
Weise getäuscht, und nur die Gnade des
Kaisers Ferdinand, die ihm huldvoll
eine Unterstützung aus der Cabinetscasse
gewährte, schützte ihn einigermaßen vor
Mangel. So lebte G. den Rest seines Le«
bens kümmerlich, aber munter, froh ge«
launt, jovial, gefällig, wohlwollend ge-
gen fremde Kunstgenossen und treu seiner
Kunst bis an sein Lebensende, das ihn
im Alter von 87 Jahren erreichte. Im
Alter von 84 Jahren hatte er die neun-
zehnte Kirchenmefse in O componirt, die
in mehreren Kirchen mit Beifall vernom«
men wurde. Es war ein reiches Leben,
das G. gehabt, und hätte er Aufzeichnun-
gen über dasselbe geführt, es wären ge» i
wiß sehr inhaltsreiche Memoiren gewor-
den. Das Wenige, was er niedergeschrie-
ben, obgleich sehr fragmentarisch und
lückenhaft, ist interessant. G. erlebte,
18 Jahre alt, den 7. October 1780 in
Paris, 83 Jahre alt, den 6. October
4848 in Wien. Am 17. Mai 1848 er«
v. Würz dach, biogr. Lexikon. VI. schien das Gedicht: „Nie Presse tret" von
ihm in Musik gesetzt. G. war so durch
und durch Musiker, daß er während der
Revolutionswirren in Paris von den
politischen Agitationen ganz unberührt
blieb und nur seiner Kunst lebte. Auf
dem großen Kirchhofe in Währing, wo
Weigl, der Dichter der „Schweizer-
familie", Eibel, der Kirchencomponist,
Beethoven, Schubert und Sey«
fried den letzten Schlaf schlafen, liegt
auch G. begraben. Ueber seine zahlreichen
Compositionen siehe die Quellen.
I. Llebersicht der Compositionen Wyroweh's. Die
Zahl derselben ist sehr bedeutend und läßt
sich nicht
mit Bestimmtheit angeben. Dlabaczin seinem
Künstler-Lexikon (18lö) zählt deren 128 auf;
Lannoy, 20 Jahre später, in Pietznigg's
„Mittheilungen aus Wien" (1833) bereits 243,
bis kurz vor seinem Tode mochten
sie ein halbes
Tausend stark überschritten haben. Lannoy
theilt seine Compositionen nach zwei Lebens-
perioden ab; in die erste, vom achten bis zum
zwölften Lebensjahre, fallen mehrere Serenaden,
Menuette und Walzer, Salve Regina und einige
Hymnen für die Kirche, Ein Concert für das
Fortepiano in T , Ein Concert für das Basset'
Horn, einige Concertantstücke und mehrere Par-
tien für Harmoniemusik. In die zweite, von
seinem zwölften Lebensjahre an, in welchem er
bereits die erste Symphonie geschrieben, fallen
nahe an 50 Symphonien, 24 Trios für 2 Vio»
linen und Violoncell, 44 Quartetten für Streich-
instrumente, 3 Quintetten, 12 Serenaden mit
ganzem Orchester, 36 Sonaten für das Forte-
piano, 12 Noctumen, 4 Concertant"Sympho-
nien für verschiedene Instrumente in Orchester«
begleitung, Entreacts zu „Wilhelm Tell". zu
„Heinrich Reuß von Plauen". zu den „Kreuzherren
in Egypten", und 36 italienische und deutsche
Canzonetten. Deutsche größere Opern:
„äLlico", die erste, welche G. für das kais. Hof'
theater comvonirte; — „Agnes Sorel" , 1808
^uergl. darüber Reichard's vertraute Briefe
Bd. I I , S. 6 und 33); — „Ida. die Büßende",
in 3 Acten, Text von Holbcin; — „Emerike";
— „Der Augenarzt"; — „Robert oder die
Prüfung", welche sich des Beifalls Beetho-
ven's erfreute; — „Helene"; — „Mirina",
1807, Melodram in 3 Acten, Text von Hol<
bein; — „Felix und Adele", Op. in 3 Aufz.,
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Guadagni-Habsburg, Band 6
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Guadagni-Habsburg
- Band
- 6
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 502
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon