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Hamburg — Ferdinand 491 Habsburg — Ferdinand
ist eine Titulatur zu verdanken, die sich
seither an den europäischen Höfen erhal«
ten hat. Der Herzog von Savoyen
führte den Titel Altezza, derselbe Titel
wurde aber bisher auch dem Infanten
gegeben. Es galt also, einen Titel aus-
findig zu machen, der den Herzog von
Savoyen nicht nöthigte, seinen bisherigen
Titel — wozu er sich wohl auch kaum her-
beigelassen haben würde — aufzugeben,
und doch anderseits den höhern Rang
des Infanten, der denselben Titel führte,
andeuten sollte. Martin d'Aspe verfiel
nün auf die Idee, daß der Herzog von
Savoyen den Cardinal - Infanten mit
Altezza reale begrüßte, während der
Infant ihm die einfache Altezza zurück»
gab. Diese Erfindung ist seitdem an allm
Höfen der Christenheit beliebt worden,
um die königliche Hoheit der Geburt
anzudeuten. Dem entsprechend steigerte
sich derselbe im andern Falle zur kaiser-
lichen Hoheit. Der Cardmal-Infant hielt
am 24. Mai 1633 seinen feierlichen Ein»
zug in Mailand, und um in Deutschland
mit einer imposanten Macht zu erscheinen,
welche durch Wallen
st ein's Verhalten
nothwendig geworden war, verstärkte
Ferdinand seine Truppen durch Wer-
bung , welche den Winter 4633 und
Frühling 1634 dauerten, begann am
23. Juni den Abmarsch in mehreren
Colonnen über Tirol nach Bayern, wo
Hilfe zuerst nöthig sich zeigte. Mit etwa
18.000 Mann gelang es ihm. sich mit
dem Könige von Ungarn am 2. Septem»
ber zu vereinigen und am 7. September
fand die Schlacht von Nördlingen
Statt, in welcher der Infant seiner Ahnen
würdig sich zeigte. Kh evenhüller und
Gualdo Priorato führen als Cha»
rakterzug des Cardinal>Infanten an, er
habe den ihm als Gefangenen vorgeführten
feindlichen Feldmarschall Horn umarmt. Die Unruhen in den Niederlanden, wo
bereits am 2. December 1633 die Infan-
tin Isabella gestorben war, und die
einen immer bedenklicheren Charakter
annahmen, riefen nun den Cardinal-
Infanten dahin; am 26. September
1634 trennte er sich von seinem Vetter,
dem Könige von Nngarn, nachmaligem
Kaiser Ferdinand III., und hielt in
Brüssel am 4. November 1634 Nachts,
in Antwerpen im April 1633 prächtige
Einzüge. Die französischen Intriguen,
die längst schon thätig gewesen, nahmen
nun offen einen feindseligen Charakter
an, am 19. Mai 1635 sandte Ludwig
XIII., der am 8. Februar d. I . bereits
mit Holland einen Offensivvertrag ge»
schlössen, die Kriegserklärung, welcher der
Ausbruch der Feindseligkeiten auf dem
Fuße folgte. Mit den Franzosen in Ver>
bindung operirten die Holländer. Nun
wurde jener merkwürdige Kampf durch
eine Reihe von Jahren geführt, in welchem
der Cardmal»Infant, im sogenannten
kleinen Kriege, Muth, tüchtige strategische
Kenntnisse, Entschlossenheit und Umsicht
bei zahllosen Gelegenheiten entwickelte
und den Franzosen eine Schlappe um
die andere versetzte. In 14 Tagen war
die Belagerung von Limburg zu Ende,
am 30. October 16^3 fiel es in seine
Hände, am 3. Juli 1636 wurde ihm
die Aormauer der Picardie, La Capelle,
übergeben, am 22. Juli zwang er 3a
Chktelet zur Uebergabe; Corbie ergab
sich am 22. August. Die deutschen Lands-
knechte , geführt von Johann von
Werth, waren bereits Herren des rech»
ten Oiseufers und streiften sogar unfern
von Paris, dessen Bewohner schon sich
zu
flüchten begannen. „I^a.liQ66 äs Oorbis"
blieb lange noch sprichwörtlich und deutete
den Schrecken an, der damals Alles
erfüllte. Nicht weniger günstig waren
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Guadagni-Habsburg, Band 6
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Guadagni-Habsburg
- Band
- 6
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 502
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon