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Habsburg — Ferdinand 196 Habs bürg — Ferdinand
lität ToScanas ward wieder hergestellt,
nachdem die französische Armee Piemont
beseht- hatte und der toscanische Gesandte
Graf Carlett i am 21. März 1793
vom Nationalconvent in Paris auf das
Wohlwollendste empfangen worden war.
Aber es war dem Großherzog bald nicht
mehr möglich, der immer mehr wachsen-
den Schwierigkeiten Herr zu bleiben. Die
Engländer hatten die Flagge der Republik
im toscanischen Hafen Livorno beschimpft,
und der Großherzog war nicht im Stande,
England zur Einhaltung der Neutralität
in Toscana zu zwingen. Bonaparte be-
setzte nun Livorno. Als bald darauf
Napoleon selbst in Florenz erschien, wurde
zwar die Neutralität Toscana's im Fe-
bruar 1796 wieder hergestellt, aber diese
Schonung kostete Toscana nicht nur
2 Millionen, sondern auch viele herrliche
Kunstwerke aus der berühmten großher»
zoglichen Sammlung, darunter die medi-
ceische Venus. Kaum waren aber die Ver-
hältnisse mit dem Auslande geordnet, so
erschwerten die von französischer Seite
hervorgerufenen und genährten Umtriebe
im Lande dem Großherzog so sehr seine
Jage, daß er die bisherige Politik, wo«
durch er sein Land vor allem Schaden
zu bewahren vermeinte, aufgeben und
Manfredini nach Wien schicken mußte,
um von dort Verhaltungsmaßregeln ein«
zuholen. Daselbst wurde beschlossen, daß er
die bisherige Politik äußerlich beizubehal.
ten, jedoch alle Maßregeln dahin zu treffen
haIe, im rechten Augenblicke den Verbün»
deten hilfreiche Hand zu leisten. Den
geheimen Verbindungen der Republik ge«
lang es bald, den eigentlichen Stand der
Dinge zu erforschen. Der erste Vorwand
wurde benützt, Toscana der Krieg erklärt,
und im März 1799 rückten die Franzosen
in Florenz ein. Ferdinand, der vorher
seine Unterthanen durch eine Proclawa- tion zur Ruhe aufgefordert hatte, begab
sich nach Wien, wahrend die Franzosen
im Lande in einer Weise hausten, daß sie
alsbald der Gegenstand des Haffes der
Bewohner wurden. Im Frieden von
Luneville (1802) mußte Ferdinand auf
Toscana Verzicht leisten, und erhielt
als Entschädigung Salzburg. Berchtes»
gaden, Paffau und Eichstadt, welche
Gebietstheile er unter dem Namen eines
Herzogs und Churfürsten nicht volle drei
Jahre regierte; denn im Preßburger Frie-
dem (1808) mußte er diese Länder an
Oesterreich und Bayern abtreten, wofür
ihm Würzburg und der Churfürftentitel
wurde. Durch diese absichtliche Versetzung
mitten zwischen die kleinen Staaten des
westlichen Deutschlands, trennte ihn N a-
poleon von Oesterreich, an das ihn
Bande des Blutes knüpften, und stellte
ihn Bayern, daS durch ihn seine Gebiets-
theile verloren hatte, feindlich gegen-
über. Als nach Auflösung des deutschen
Reiches der Churfürstentitel seine Bedeu-
tung verlor, erhielt Ferdinand an
dessen Stelle den eines Großherzogs,
und trat am 1l>. September 1806 dem
Rheinbünde bei. Ferdinand, der in
allen diesen Verhältnissen im Einver-
ständnisse mit seinem Bruder, dem Kaiser
Franz, vorgegangen sein mochte, fühlte
sich in dieser Lage als Souverän eines
Landes, das ihn nicht und das er nicht
kannte, wenig behaglich. Im Jahre 18 w
begab er sich nach Paris und wohnte, der
Einzige seines Hauses, der Vermälung
Napoleou'K mit seiner Nichte.Maria
Louise bei. Bei dieser Gelegenheit schien
ihm eine Aenderung seiner Lage von
Napole onin Aussicht gestellt worden zu
sein, und thatsächlich bezeichnete ihn Na«
poleon in einer 1812 an die Polen gerich-
teten Proclamation als ihren künftigen
König. Welches von Europa heiß ersehnte
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Guadagni-Habsburg, Band 6
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Guadagni-Habsburg
- Band
- 6
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 502
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon