Seite - 8 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Band 7
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Habsburg — Margaretha 8 Dabsburg — Margantha
ihren Hof hielt, in den verschiedenen
Zweigen der Kunst und Industrie. Die
Feste, welche an ihrem Hofe stattfanden,
und an denen Kunst und Geschmack ihren
wesentlichsten Antheil hatten, trugen
nicht wenig dazu bei, den Wohlstand
der Bevölkerung zu steigern. Mar'ga
rethens Palast verrieth in Allem einen
auserlesenen Geschmack; die Gemächer
waren mit spanischen Tapisserien in Gold,
Silber und Seide, mit Abbildungen aus
dem alten und neuen Testamente, aus
dem Cid u. dgl. m., geschmückt. An den
Wänden bewunderte man Gemälde von
Hemmling, Rogier vander Weyde,
Michael Van Corie, Beinard Van
Orley, Gerard Horenbout, Jean
Vermeyen und anderen Künstlern. Sie
stellten Scenen aus der h. Schrift, Por-
träte von Fürsten und den berühmtesten
Zeitgenossen dar. Marmor, Gold- und
Elfenbeinarbeiten seltener Vollendung
begegneten überall dem Auge. Ihre Bi-
bliothek war eine der reichsten, die es gab,
und sie besaß die herrlichsten Manuscripte,
geschmückt mit kostbaren Miniaturen. In
diesem Heiligthume des Geistes liebte die
Fürstin ihre Einsamkeit zuzubringen und
den Eingebungen der Muse ein hor.
chendes Ohr zu leihen. Ihre Poesie,
manchmal heiterer Natur, ist vorherr-
schend wehmüthig. Jean Le Maire, ihr
Lieblingsdichter und Historiograph, wid-
mete ihr ein Gedicht, betitelt: „^riomplie
äo i'Qinaiit vert". Wer war dieser grüne
Liebling? Mit dieser Frage beschäftigte
sich Mancher und es fehlte nicht an zwei»
deutigen Unterstellungen, welche die
Seelenreinheit dieser Fürstin in Frage
stellten. Aber die Thatsache strafte allen
diesen Unsinn Lügen. Der Amant voi-t
ist ein Papagei, den Erzherzog Sigis-
mund ihrer Mutter, Maria von Bur-
gund, geschenkt hatte und der nach Maria's Tode Margarethens Lieb-
ling geworden. Margaretha selbst
gab ihm den Namen 1'aiQg.nt vert und
dichtete, als ihr Liebling starb, sogar ein
Epitaph auf ihn, dessen erste Zeilen
seinen Namen enthalten:
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6ist 1'arag.nt vsrt
Vor Margarethens von Oesterreich
Statthalterschaft war Belgien bereits
das Vaterland bedeutender Musiker, aber
da sie im Lande mit ihrer Kunst keinen
Anklang fanden, mußten sie ihr Glück
in der Fremde suchen. Seit die Erzher»'
zogin in Mecheln residirte, zogen auch
die vorzüglichsten Musiker dahin, wo
ihnen die Fürstin eine künstlerische Unab-
hängigkeit
sicherte.
Compöre, Brumel,
delaRue, Isaac, Agricola hatten
sich in Mecheln niedergelassen; ihre Com»
Positionen sind schöne Belege ihrer
Meisterschaft. Ein wesentliches Moment
im Leben der Erzherzogin ist ihre Ober-
leitung der Erziehung des jungen Erzher»
zogs Karl. Sie hatte sich
dieser ernsten
Aufgabe mit aller Gewissenhaftigkeit hin-
gegeben. In den Briefen an ihren Vater
spielen die Berichte über seinen Enkel
eine wichtige Rolle. Nichts hält sie für
geringfügig; von des Prinzen Studien,
Gesundheitsum ständen, Spielen, von
Allem muß der Kaiser in Kenntniß sein.
Karl, in seiner Hast,
sich der Regierung
zu bemächtigen, vergaß im Feuereifer der
Jugend, was er der Tante schuldig war,
versah es manchmal in der Wahl der
richtigen Mittel, vergessend, sich bei der
klugen und gewiegten Tante Raths zu
erholen und es kam so weit, daß Mar-
garetha sich bei Maximilian über
ihren Neffen beklagte und den Kaiser
bat, seinem Enkel vorzustellen, daß der
Erzherzog gegen die Fürstin, der er so
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Band 7
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Habsburg-Hartlieb
- Band
- 7
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1861
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 472
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon