Seite - 10 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Band 7
Bild der Seite - 10 -
Text der Seite - 10 -
Habsburg — Margaretha 10 Dabsburg — Margaretha
Cambrai zum Orte, wo die Unterhand«
lungen stattfinden sollten. Dieser Ort war
der Schauplatz ihres ersten diplomatischen
Meisterstückes, er mußte ihr wieder Glück
bringen. An demselben Tage, an welchem
Louise, Franz' I. Mutter, in Cambrai
eintraf, langte auch Margaretha
daselbst an. Ein zahlreiches Gefolge
begleitete beide Fürstinen. Außer den
zwei Fürstinen befanden sich noch 4 sou-
veräne Fürsten, 8 Cardinäle, 10 Erz.
bischöfe, 33 Bischöfe, 87 Herzoge und
Grafen und 400 Ritter und Frauen
innerhalb der Mauern dieser kleinen
Stadt. Jeden Tag gab es neue Feste.
Mochte Krieg oder Frieden aus diesem
Congreß hervorgehen, man wollte diese
Gelegenheit benutzen, sich zu vergnügen.
Margaretha von Oesterreich war in
der Abtei Samt Aubert, Louise von
Savoyen im Hotel Samt Paul abge»
stiegen. Eine gedeckte Gallerte verband
die Wohnungen beider Fürftinen. Sie
besaßen die Schlüssel dazu und konnten
sich auf diese Weise zu jeder Stunde
ohne Zeugen besprechen. So wurden die
Verhandlungen von beiden Fürstinen
ausschließlich geführt und das Geheimniß
aufs tiefste bewahrt. Sie begannen am
3. Juli und der Friede wurde am 3. August
4329 vom hohen Chor der Kathedrale
proclamirt. Zum Andenken an die beiden
Frauen, welche die Streitigkeiten zwischen
dem deutschen Kaiser und dem französischen
Könige geschlichtet hatten, nannten die
galanten Geschichtschreiber diesen Frieden
von Cambrai den „Damenfrieden". Dieß
war der letzte politische Act, den Marg a>
reth a ausgeführt, sie beschloß nunmehr,
die Statthalterschaft der Niederlande in
die Hände des Kaisers niederzulegen und
ihre letzten Tage in der Stille und
Einsamkeit eines Klosters zu beschließen.
In's Kloster Annunciade, von ihr zu Brügge erbaut, wollte sie sich zurück»
ziehen. Das Schicksal jedoch hatte es
anders beschlossen. Bevor Margaretha
der Welt Lebewohl sagte, wollte sie noch
ein und zwar das letzte Mal die prächtige
Kirche von Brou sehen, welche sie um
große Summen erbaut und von den
ersten Künstlern ihrer Zeit hatte aus«
schmücken lassen. Dort sollte der Leich«
nam Ph ilibert's, ihres letzten Gemals,
beigesetzt werden. Sie reiste von Ant-
werpen ab, machte in Mecheln Halt mit
dem Vorsatze, nur kurze Zeit dort zuzu»
bringen. Eines Tages fühlte sie sich
unwohl und verlangte ein Glas Waffer.
Eine ihrer Ehrendamen reichte es ihr in
einem Kristallgefäß. Als diese das Glas
aus den Händen der Fürstin wieder
nahm, ließ sie es fallen und es zerbrach.
Ein Splitter war in den Pantoffel der
Erzherzogin gefallen. Als einen Augen-
blick später Margaretha sich erhob und
die Pantoffel anziehen wollte, erhielt sie
durch den Splitter eine schwere Wunde
am Fuße. Der Brand gesellte sich alsbald
hinzu und in acht Tagen war das Uebel
so weit fortgeschritten, daß die Aerzte die
Amputation für unerläßlich hielten. Diese
Nachricht wurde der Fürstin durch ihren
Almosenier überbracht, Margaretha
erklärte sich bereit zu Allem, was die
Aerzte für gut hielten. Diese, um der
Erzherzogin die Schmerzen der Opera»
tion zu ersparen, ließen sie eine starke
Dosis Opium zu sich nehmen. Marga»
retha schlief ein — um nie wieder zu
erwachen. In der Nacht vom 30. Novem»
ber auf den t. December hauchte die edle
Fürstin ihre Seele aus. Ihrem ausdrück-
lichen Wunsche gemäß sollte sie in Brou
an der Seite ihres Gemals Phi l ibert
bestattet werden. Vor der Hand wurde
sie in der Kirche Annunciade zu Brügge,
wo ihre Mutter, Mar ia von Burgund,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Band 7
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Habsburg-Hartlieb
- Band
- 7
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1861
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 472
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon