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Habsburg — Maria Antoma 31 Habsburg — Maria Anionia
sen. Maria Theresia folgte in diesem
Puncteden Gingebungen des allmächtigen
Kauniß, der durch das Bündniß Oester-
reichs mit Frankreich den Verrätherischen
Gegnern Oesterreichs, die dem schwachen
Weibe gegenüber in vermessener Weise
sich geberdeten, die Spitze bieten wollte.
Mar ia Antoinette zählte damals
43 Jahre und die Trauungsceremonie
wurde durch Procuration vom Marquis
vonDufort, der dem Baron Breteuil
auf dem Gesandtschaftsposten in Wien
folgte, vollzogen. Als die Erzherzogin
auf ihrer Brautfahrt an der Grenze in
der Gegend von Kehl ankam, wurde sie
in einem prachtvollen Zelte ganz ent«!
kleidet, damit sie nach damaliger Hoffitte
nichts von dem fremden Hofe an sich
behalte. In der Ausschmückung dieses
Zeltes, dessen Teppiche Iason's und Me-
dea's grauenhafte Geschichte darstellten,
erblickte Goethe mit Recht etwas Un-
geschicktes, das später als eine Ahnung
des traurigen Geschickes der edlen Königin
angesehen wurde. Die Vermälung selbst
fand zu Paris am 46. Mai 1770 Statt.
Die aus diesem Anlasse gefeierten Feste
waren prachtvoll, aber wieder erblickte
man in einer Feuersbrunst, in welcher
mehrere Menschen ihr Leben verloren,
eine üble Vorbedeutung. Ludwig XV.
war von der jungen Dau pH ine bezau-
bert, man sprach nur von ihrer Anmuth,
ihrer Lebhaftigkeit, der Feinheit ihrer
Antworten. Man verglich sie mit der
medicü'schen Venus, mit der Atalanta im
Garten von Mably ; Dichter und Maler
feierten ihre Reize; jedoch an derMaitrefse
des Königs, ander Du Bar ry , hatte
die Dauphine eine entschiedene Geg-
nerin, und ihre Lage wurde besonders
peinlich, als Choiseul gestürzt wurde
und die Gegner des Staatsmannes, der
diese Verbindung Frankreichs mit Oester« reich bewerkstelliget hatte, an's Ruder
kamen. Uebrigens brauchte es keines tiefen
staatsmännifchen Blickes, um zu ahnen,
daß Antoinettens Verbindung mit
Ludwig XVI. keine glückliche sein
werde. Waren doch zwei österreichische
Prinzefsimn durch Heirath en mit frcm»
zösischen Souveränen zu Martyrerinen
geworden; man gedenke nur Elisa-
beth's. der Gemalin Karl's IX., des
Königs der Bartholomäusnacht, und
Maria Theresia's, der Gemalin des
Königs Ludwig XIV.! Als Choiseul
abtrat, gelang es der neuen, der ErZher«
zogin feindlichen Partei im Anbeginn den
Dauphin zu beeinflussen, und erst nach
geraumer Zeit brach zwischen ihm und
seiner anmuthigm Gemalin das Eis. Am
10. Mai 1774 starb König Ludwig XV.,
und Ludwig XVI. mit seiner Gemalin
Maria Antoinette bestieg den Thron
Frankreichs. Das ganze Land begrüßte
an diesem Tage das Morgenroth einer
schönen Zukunft. Mar ia Antoinette
machte ihre Thronbesteigung denkwürdig
durch Aufhebung des mittelalterlichen
Rechtes des Gürtels der Königin (Oein-
turs äe 1a läino), und, indem sie alle Iene
begnadigte, welche wegen ihr zugefügter
persönlicher Beleidigung Strafen zu er«
leiden hatten. In ihrer Vorliebe für das
Familienleben schaffte sie mehrere wirklich
abgeschmackte Gebräuche am französischen
Hofe ab, und versuchte cs, die Einfachheit
der Wiener Hofgebräuche nach Versailles
zu verpflanzen; machte
sich aber dadurch
nicht wenig »Feinde. Ueberhaupt waren die
Mäßigkeit und Schamhaftigkeit, diese
zwei Tugenden, welche Maria An toi»
nette so vorzüglich verehrungswerth
machen, an einem moralisch so verdor«
benen Hofe, wie es der französische seit
anderthalb Jahrhunderten war, nicht
geeignet, die Zahl ihrer Gegner zu ver.«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Band 7
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Habsburg-Hartlieb
- Band
- 7
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1861
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 472
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon