Seite - 81 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Band 7
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Habsburg — Maria Theresia 81 Habsburg — Maria Theresia
Uebergewichtes des Mannes über das Weib
entsprangen, und überhaupt jede Herabwür
digung ihres Geschlechtes. Ihre Arbeitsam-
keit war unermüdbar — vieles schrieb sie
selbst (ihre Schriftzüge waren jenen Ferdi-
nand's I I . und Leopold's I. sehr ähw
lich), immer sehr kurz und deutlich, obschon
meistens mit dem unbestimmten Zeitworte.
Dennoch waren ihre Befehle faßlicher und
kräftiger, als die Rescripten und Ordres ihrer
meisten Minister und Generale. Sie — was
diese nicht immer thaten, drückte gern überall
ihre Grundsätze aus und machte davon nur
Ausnahmen, wenn 'diese Grundsätze ihrer
Wohlthätigkeit Schranken setzten. Sie uer-
trcmte nicht leicht, aber sie schenkte kein halbes
Vertrauen. Denuncianten verachtete sie. Es
war groß in ihr, daß sie nur entschied, was
geschehen sollte, aber nicht wie? Unter ihrer
Negierung ist viel Großes geschehen, weit
mehr, als zuvor in Jahrhunderten — und doch
hatte sie in den Sachen des Staates zwar
manche verständige und vaterländisch gesinnte
Diener, aber außer Kaunitz und (dem lange
nur untergeordneten, durch eigene Bescheiden»
heit und fremde Scheelsucht allzulange zurück»
gesetzten) Loudon keinen eigentlich großen
Mann im Felde oder Rath. Desto größer —
Sie selbst!" Dieser begeisterten Schilderung
des heimischen Historikers schließen wir die
ruhige, aber nicht minder gediegene des aus-
wärtigen an; Ranke schreibt über die Kai-
serin: „An der 23jährigen Tochter (Kaiser
Karl 's VI.) hatte man bis zu ihrem Regie«
rungsantritt besonders jugendlich aufblühende
Frauenschönheit und eine ruhig fortschreitende
Bildung nach dem Maße des ihr zu Theil
gewordenen Unterrichts bewundert. Sie hatte
auch Latein gelernt und ihr Lehrer wenigstens
versicherte, sie wisse in den Autoren, die er mit
ihr lese, deren Eigenthümlichkeit zu unterschei-
den; sie zeigte in Allem, was sie trieb, Methodik
und feinen Sinn, im Umgänge Ruhe und
Ernst, nicht ohne Grazie. „„Was ihr aber —
sagte ein Venetianer schon 4758 — den höchsten
Werth verleiht, ist die Erhebung des Geistes,
die sie an den Tag legt, verbunden mit einer
gewissen Männlichkeit des Gemüthes; man
sieht, daß sie fühlt, wozu sie geboren ist, und
darf glauben, daß ihre Rathgeber dereinst keine
despotische Gewalt über sie ausüben werden.""
Nachdem Mar ia Theresia die für sie in
ihrem Zustande doppelt schweren Tage der
Krankheit und des Todes ihres Vaters über«
standen, empfing sie die Huldigung ihrer Mi-
v. Wurzbach, biogr. Lexikon. VI I . nister, die sie als Königin von Ungarn und
Böhmen begrüßten; ihre Worte waren von
Schluchzen unterbrochen; unverzüglich aber
begann sie ihr Amt auszuüben und an den
Conferenzen thatigen Antheil zu nehmen.
Sie liebte ihren Gemal mit vollem Herzen,
war um so mehr für seine Beförderung, da sie
durch ihn den Glanz des kaiserlichen Namens
bei ihrem Haufe zu behaupten hoffte; allein
ihre ererbte Macht mit ihm zu theilen, ihm
wesentlichen Einfluß auf die Regierung zu
gestatten, war sie nicht gesonnen. I n der
Geschichte der Königinen ist es eine seltene
Erscheinung, wie sie für ihre häuslich'weib»
lichen Pflichten und ihre Herrscherbefugnijse
ein gleich lebendiges Gefühl hegt, sie aber
auseinander hält. Das von Jugend auf in
ihr genährte Bewußtsein, daß sie die geborne
Herrin sei, empfing in ihr üderdieß durch eine
gewisse Pietät eine bestimmte Farbe und
Richtung: sie wollte selber regieren, wie ihr
erlauchter -Vater."
252. Maria Theresia von Neapel,
Kaiserin von Oesterreich (geb. zu Neapel
6. Juni 4772, gest. 13. April 1807).
Tochter Ferdinand'sI., Königs beider
Sicilien, und KarolinaMaria's ^Bd.
VI, Nr. 131), vermalt durch Procuration
zu Neapel am 1a. August, in Person
zu Wien am 19. September 1790 mit
Franz I., Kaiser von Oesterreich sBo.
I, Nr. 93). Rinder: Maria Luise
. d. Nr. 243); Ferdinand I.. Kaiser
von Oesterreich Md. VI, Nr. 88); Karo«
lina Leopold ine Franzisca (geb. 4.
December 1793. gest. 30. Juni 1799);
Leopoldine, Kaiserin von Brasilien
d^. VI, Nr. 176); Maria Clemen-
tine, Prinzessin von Salerno j^ s. d. Nr.
228); Joseph Franz Leopold sBd.
VI, Nr. 126); Karolina Ferdinanda,
Königin von Sachsen Md. VI, Nr. 130);
Franz Karl Md. VI, Nr. 99^; Maria
Anna s^. d. Nr. 213); Johann Nepo-
muk Md. VI, Nr. 418) und Amalia
Theresia Franzisca Joseph a Cölestma
(geb. 6., gest. 9. April 1807). Kaiserin
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Band 7
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Habsburg-Hartlieb
- Band
- 7
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1861
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 472
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon