Seite - 115 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Band 7
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Habsburg — Philipp 113 Habsburg — Philipp
gedeihlichsten Weise gehoben; unter dem
Drucke der spanischen Gewaltherrschaft
verkümmerte nun das Land. I n Spanien
selbst schmachtete das Volk unter der Last
großer Abgaben, und unter den Schrecken
der Inquisition, in deren Gefolge sich
Folter und Scheiterhaufen befanden. Der
von Natur so rciche Voden blieb öde und
unbebaut, theilweise waren die Kriege
gegen die Morisko's daran Schuld, theils
die großen Auswanderungen aus einem
Lande, in dem wenig Heil zu suchen war.
So waren Handel und Gewerbe in Ver-
fall gerathen, das einst so blühende Land
war ganz verarmt und nach einer ^jäh-
rigen Regierung mit einer Schuldenlast
von 150 Millionen belastet. Phi l ipp I I .
war 71 Jahre alt geworden, und wenn
man die Berichte seiner Zeitgenossen über
des Königs letzte Tage liest, so ist es
wirklich ein trauriges und abschreckendes
Bild. Er, der mächtigste Monarch seiner
Zeit, wurde gegen das Ende seiner Lebens'
tage von körperlichen Schmerzen sowohl,
als von Gewissensangst und Seelenleiden
heftig gefoltert. Die Rückerinnerung an
seine lange Regierung konnte ihm weder
Trost noch Beruhigung gewähren. Von
allen seinen großen Plänen war ihm, die
ungerechte Besitznahme von Portugal
ausgenommen, keiner gelungen. Er hätte
der reichste und mächtigste Monarch der
Welt sein können, und jetzt war er arm,
ohnmächtig und so weit heruntergekoin»
men, daß er durch Geistliche im ganzen
Reiche, Haus für Haus, Beisteuer und
Almosen für sich sammeln lassen mußte.
Doch das Schrecklichste, das über den
Menschen und den Monarchen das Schick«
sal verfügen kann, war ihm noch vorbehal«
ten. Im August des Jahres 1398 zeigten
sich an seinem ganzen Körper Eiterbeulen,
die nach einander aufbrachen. Die Jauche,
die unaufhörlich ausfloß, verbreitete nicht allein den unausstehlichsten Gestank,
sondern es setzte sich auch in den Wunden
das eckelhafte Ungeziefer in solcher Menge
an. daß es nicht mehr ausgerottet werden
konnte. I n diesem entsetzlichen Zustande, -
von den heftigsten Schmerzen gepeinigt,
von dem Ungeziefer halb verzehrt, lag
Phi l ipp, der einst gefurchtere König,
33 Tage unbeweglich auf dem Rücken.
Nur die Religion konnte ihm noch die
nöthige Kraft geben, die Schrecken
eines solchen Hinfalles zu überwinden.
Einige Tage vor seinem Ende ließ er
seine Kinder, den Infanten Don Phi-
l ipp und die Infantin Donna Isa-
bella, zu sich rufen. I n ihrer Gegen-
wart hob er die Decke seines Bettes auf,
und zeigte ihnen seinen von Geschwüren
durchlöcherten und von Ungeziefer benag»
ten Leib. „Sie sollten," sagte er zu ihnen,
„an ihm sehen, wie Könige sterben. Dahin
sei die Pracht dieser eitlm Welt, dahin
die Hoffnuug großer Gewalt und neuer
Königreiche. Er wäre der mächtigste
Monarch, und gleichwohl jetzt aller Hilfe
beraubt. Sie sollten die Unterthanen
mehr mit Frieden, als durch Krieg und
gewaltsamen Zwang im Gehorsam erhal-
ten; die Frommen belohnen, die Bösen
bestrafen; den zum Tode Verurtheiltm
verzeihen, und die wegen Jagens und
Vogelstellens Verhafteten in Freiheit
setzen. Die Vertheidigung der katholischen
Religion sollten sie sich hoch angelegen
sein lassen; Jedermann gleiches Recht
leihen und ihr Leben und Thun so ein»
richten, daß sie einst, wenn sie in den
nämlichen Zustand kämen, worin er sich
nun befinde, ihr Gewissen frei und ruhig
halten möchten." Als er sein Ende heran»
nahen sah, ließ er den Sarg, in welchen
er als Leiche gelegt werden sollte, in
sein Cabinet bringen, und einen Todten»
schädel, welchem man eine königliche
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Band 7
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Habsburg-Hartlieb
- Band
- 7
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1861
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 472
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon