Seite - 6 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Band 8
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Hartmanu Hartmalm
Marienbad unbehelligt zubrachte. Als er
aber zu Ende 1847 der Schillerfeier in
Leipzig beigewohnt, begann nach seiner
Rückkehr in die Heimat das alte Spiel
mit den polizeilichen Verfolgungen, mit
Verhaftung und Untersuchung, die später
auf freiem Fuße stattfand, und wobei es
zu keinem Urtheile kam, da mittlerweile
die Bewegungen des Jahres 1848 aus-
gebrochen waren. Die bisher erfahrenen
Verfolgungen, denen H. ausgesetzt gewesen,
genügten, seinen Namen in die Reihe der
vormärzlichen politischen Märtyrer aufzu-
nehmen und vornehmlich diesem Umstände
verdankte H. seine Wahl zum Frankfur-
ter Parlamente. Der böhmische Wahlbe-
zirk Leirmeritz wählte ihn zum Abgeord-
neten. In Frankfurt hielt er sich zur
äußersten Linken, ergriff mehrmals, na-
mentlich zu Gunsten der aufständigen
Wiener, in poetischer Begeisterung das
Wort. Auch wurde er mit Blum und
Fröbel im September 1848 nach Wien
entsendet, um den Aufstand der Residenz
von Seite des Frankfurter Parlaments zu
unterstützen. Rechtzeitige Flucht bewahrte
ihn vor dem Schicksale Blum's. Als
Oesterreich die Zurückberufung seiner Ab'
geordneten vom Frankfurter Parlamente
aussprach, leistete ihr H. keine Folge,
worauf die Regierung nach ihm als
Recrutirungsflüchtling einen Steckbrief er-
ließ. Er übersiedelte nunmehr mit mehre»
ren Abgeordneten der demokratischen
Partei nach Stuttgart, wo er bis zur
Occupation Badens durch die preußischen
Truppen verblieb, dann aber nach der
Schweiz flüchtete und seinem Groll gegen
die österreichischen Zustände in der „Reim-
chronik des Pfaffen Mauritius" Lust
machte. Aus der Schweiz begab sich H.
nach Frankreich und fand daselbst in Paris
an Sabatier, dem Gemal der berühm»
ten Sängerin Karoline Ungher, einm liebenswürdigen Freund. Unter solcher
Aegide erhielt H. alsbald den Zutritt
in die kunstliebenden Salons der Seine-
stadt, in welchen er durch seine von
Sabatier in's Französische übertragenen
und von Madame Nngher-Sabatier
in Musik gesetzten und gesungenen Lieder
bekannt und geschätzt wurde. Er folgte
auch bald einer freundlichen Einladung
Sabatier's auf ihr Schloß Latour in
Südfrankreich, und sein „Tagebuch aus
Languedoc" ist den Erinnerungen an
diesen angenehm verlebten Sommer ge-
widmet. In der liederreichen Provence
sammelte H. die Volkslieder derselben,
welche ihn Sabatier verstehen lehrte,
worauf er sie metrisch bearbeitete und mit
einem Freunde veröffentlichte. Wie ihn hier
liebevolle Freundschaft und Kunstsinn in
Allem förderte, nicht weniger nützlich, ins-
besondere in literarischen Kreisen, wurde
ihm die Anknüpfung mitTai l landier,
der an der Universität zu Montpellier
über deutsche Sprache und Literatur Vor-
lesungen hielt. Wie dieser einerseits im
Vaterlande durch seine Aussprüche über
deutsche Literatur maßgebend ist, so hat er
andererseits durch das Organ, in welchem
er seine Urtheile über deutsche Literatur
ausspricht, nämlich die „Rovu« cle äsux
monäoL" nicht wenig dazu beigetragen,
Hartmann' s Na mm selbst in der
fashionablen Welt, welche ihren Unter»
richt über deutsche Literatur aus franzöfi«
schen Quellen zu beziehen liebt, bekannt
zu machen. Tail landier's Liebenswür-
digkeit ging so weit, daß er in der Vor-
lesung, welche Hartmann auf Tai l-
landier's Einladung in Montpellier be-
suchte, über den „illusrrs x^'te cl<2 Üo-
Ksmo" las. Wenn H. als Poet solcher
liebevollen Freundschaft eben auch weni-
ger bedürfte, so war sie ihm doch förder-
lich auf feinem von sonst ziemlich widrigen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Band 8
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hartmann-Heyser
- Band
- 8
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1862
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon